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Wölfe vor Marx-Monument

Nach der Musik meldet sich nun die bildende Kunst zu Wort nach den Ereignissen in Chemnitz. Ein Brandenburger und auch die städtischen Museum wollen einen Dialog stiften.

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© Jan Woitas/dpa

Chemnitz. Zehn Bronzewölfe vor dem Karl-Marx-Monument in Chemnitz haben am Donnerstag Diskussionen über Demokratie und die aktuelle Situation in der Gesellschaft befeuert. „Ich bin unglaublich überrascht“, sagte der Bildhauer Rainer Opolka am Nachmittag der Deutschen Presse-Agentur. Er diskutiere mit Schülern und Bürgern auf hohem Niveau und konstruktiv. Die nur eintägige Kunstaktion sei ein Protest gegen Hass und Gewalt. „Egal von wo das kommt, von wem auch immer, es gehört geächtet und bringt keine Lösung.“ Die Wölfe sollen eine Anspielung auf Politiker wie den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke sein.

Wolfsmenschen in Chemnitz

Bildhauer Rainer Opolka steht neben einem Bronze-Wolf
Bildhauer Rainer Opolka steht neben einem Bronze-Wolf
Die Zitatwände sind auch Teil der Installation.
Die Zitatwände sind auch Teil der Installation.
Mit der Kunstaktion will der Künstler gegen rechten Hass und Gewalt protestieren.
Mit der Kunstaktion will der Künstler gegen rechten Hass und Gewalt protestieren.

Fünf der Plastiken, mit denen Opolka bereits in anderen Städten war, zeigen den „Hitlergruß“, andere sind in Angriffshaltung geformt, haben Augenbinden, sind angeleint oder Mitläufer. Flankiert wird die Horde von Schildern mit Sätzen wie „Wo gehetzt wird, wird später auch getreten!“ und „Herr Maaßen und Herr Seehofer: Rechtsradikalismus ist die Mutter aller Probleme.“ Mit der Ausstellung „Die Wölfe sind zurück?“ hat Opolka nach eigenen Angaben in Dresden, Berlin und Potsdam bereits 250 000 Besucher angelockt.

Der Kurzaufenthalt in Chemnitz sei eine spontane Reaktion auf die aggressiven Proteste nach dem gewaltsamen Tod eines Deutschen in der Stadt. „Es ist etwas faul, wenn Terroristen oder Kriminelle morden, aber es ist ebenso problematisch, wenn der „Hitlergruß“ gezeigt, Menschen wegen ihrer Hautfarbe gejagt, Asylheime angesteckt, Journalisten angegriffen und jüdische Restaurants überfallen werden“, sagte der Künstler. Es brauche einen konstruktiven Dialog, wie das Land besser gemacht werden könne. „Dazu muss man zuhören.“

Angesichts der Ereignisse in ihrer Stadt ziehen die Kunstsammlungen Chemnitz die für Anfang 2019 geplante Präsentation von Videoarbeiten des gebürtigen Dresdner Künstlers Mario Pfeifer vor. Nach Angaben von Generaldirektor Frédéric Bußmann sollen dessen Werke „Again“ und „Über Angst und Bildung“ zur Diskussion anregen, auch über Ängste und Vorurteile. „Wir wollen über die Kunst Dialog stiften und Räume dafür öffnen.“ Es gehe um das Bekenntnis für eine offene und tolerante Gesellschaft.

„Again“ arbeitet einen Vorfall aus Arnsdorf (Landkreis Bautzen) vom Mai 2016 auf. Damals war ein Flüchtling nach einem Streit in einem Supermarkt des Ortes an einen Baum gebunden, der spätere Prozess gegen vier Tatverdächtige aber wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Zu der Schau ist ein Begleitprogramm mit Foren und Vorträgen geplant, sagte Bußmann. Es gehe darum, über Ängste und Vorurteile zu sprechen, über Meinungen und Positionen.

Auch Opolka redet mit allen, sogar der lokale Chef der fremden- und islamfeindlichen Pegida war da. „Wir haben konstruktiv gestritten, einer Meinung waren wir nicht.“ Im Unterschied zum Shitstorm bei Facebook aber gehe es gesittet zu, erzählte er. Und die Resonanz sei mehrheitlich positiv. „Die Stadt und die Bürger sind friedlich, offen und produktiv“, sagte Opolka. „Ich bekomme hier Kaffee und Kuchen.“ (dpa)