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Wohin mit den Kleinsten?

Freitals Tagesmütter fordern im Krankheitsfall eine Vertretung. Die Stadt hat lange gezögert. Jetzt gibt es einen Vorschlag.

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© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Freital. Es ist Vormittag im Murmelino an der Freitaler Wigardstraße. Liane Bergmann sitzt an einem niedrigen Tisch, drei Mädchen wuseln um sie herum und klappern mit dem Puppengeschirr. „Was ich hier mache, ist eine Arbeit mit viel Verantwortung und hoher Belastung“, sagt die Tagesmutter. Sie betreut wochentags in ihrem Murmelino fünf Kinder, ihr Arbeitstag ist locker acht Stunden lang, oft länger. Doch das ist nicht das Problem. Viel größer ist die Sorge bei ihr und den Eltern, wenn sie krank ausfällt. „Dann habe ich niemanden, der mich vertritt.“

So wie der Frau vom Murmelino geht es allen 23 Freitaler Tageseltern. Sie sind für drei bis fünf Kinder im Krippenalter zuständig. 117 Betreuungsplätze in der Kindertagespflege – so der offizielle Begriff – gibt es in der Stadt. Fällt eine Tagesmutter wegen Erkrankung aus, kann sie nur die Eltern telefonisch informieren, sich um eine Alternativebetreuung zu bemühen. Stefan Wolff, dessen Kind bei einer Tagesmutter untergebracht ist, berichtet, wie er das Problem dann handhabt: „In der Not gehe ich zum Arzt und lasse mich krankschreiben.“ Andere würden Großeltern oder Nachbarn bitten, mal aufs Kind aufzupassen. Eltern und Tagesmütter sind der Meinung, dass es so nicht weitergehen könne. „Wir brauchen eine gut funktionierende Vertretungsregelung“, fordert auch Magdalena Müller, Tagesmutter aus Potschappel.

Freitals Sozialbürgermeister Peter Pfitzenreiter (CDU) gibt den Betroffenen durchaus recht. „So wie es jetzt läuft, ist es nicht optimal.“ Derzeit müssen sich Eltern bei einem Ausfall der Tagesmutter in der Stadtverwaltung melden. Die Mitarbeiter schauen dann nach freien Plätzen in städtischen Krippen und vermitteln die Kinder für einige Tage dahin. Magdalena Müller kann darüber nur den Kopf schütteln. „Mal abgesehen davon, dass vor acht Uhr im Rathaus niemand zu erreichen ist: Das ist doch überhaupt nicht kindgerecht.“, sagt sie.

Etliche Tagesmütter und Eltern haben deshalb eine Alternative ins Gespräch gebracht. Es nennt sich Stützpunkt-Modell und funktioniert folgendermaßen: Eine Tagesmutter mietet Räume an und richtet diese ein, ohne jedoch dort Kinder regelmäßig anzunehmen. Sie fungiert als Reserve, sollten andere Tagesmütter krank ausfallen. Besteht keine Nachfrage, kann diese Reserve-Tagesmutter zu den anderen Frauen pendeln, diese unterstützen und so die Kinder kennenlernen und Kontakt halten. „Wir können uns dieses Modell für Freital gut vorstellen“, sagt Liane Bergmann.

Eine Kandidatin für die Reserve-Stelle ist auch schon gefunden. Stephanie Lux hat kürzlich alle Qualifikationen zur Tagesmutter bestanden und würde sich gerne selbstständig machen. „Ich könnte mir vorstellen, als Ersatz-Tagemutter zu arbeiten“, sagt sie. Tagesmütter, Eltern, eine Vertreterin vom Landratsamt und auch die Verantwortlichen vom Amt für Soziales, Schule und Jugend der Stadt Freital saßen Anfang des Jahres zusammen und haben die Idee besprochen. Seitdem, so der Eindruck der Tagesmütter, tue sich im Rathaus nichts. „Wir warten auf eine Entscheidung, ob wir das nun so machen“, sagt Liane Bergmann. Schließlich ständen hinter jeder Tagesmutter fünf Elternpaare mit ihren Kindern. „Denen müssen wir doch mal sagen können, wie es nun weitergehen soll.“

Im Rathaus weist man den Vorwurf, die Entscheidung vor sich herzuschieben, zurück. „Meine Mitarbeiter haben sich intensiv mit der Materie auseinandergesetzt und alle Vor- und Nachteile des Vorschlages betrachtet“, sagt Sozialbürgermeister Peter Pfitzenreiter. Das Ergebnis: Die Stadtverwaltung bevorzugt ein anderes Modell.

Dieses sieht vor, eine Erzieherin bei der Stadt anzustellen, die als Ersatztagesmutter einspringen kann. „Wir würden auch die Räume einrichten und zur Verfügung stellen“, sagt Pfitzenreiter. Sind alle Tagesmütter fit im Einsatz, könnte die Ersatz-Erzieherin in den Kitas als Unterstützung eingesetzt werden.

Die Stadt will den Vorschlag nun mit Tagesmüttern und Vertretern aus dem Landratsamt besprechen. Werden sich alle dazu einig, müsste der Stadtrat entscheiden, ob das Modell eingeführt und finanziert wird. Die Kosten liegen pro Erzieherin-Tagesmutter zwischen 90 000 und 150 000 Euro. Pfitzenreiter: „Ob wir das Geld ausgeben dürfen, muss der Stadtrat in seiner Haushaltsplanung entscheiden.“ Das wäre frühestens zu Beginn des kommenden Jahres der Fall. So lange müssen Liane Bergmann, Magdalena Müller und die anderen Tageseltern noch auf eine Vertretung warten.

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