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Zuhause im Unglück? Krisentreffen beim TV-Produzenten

Erst Wohnung renoviert, dann vom Finanzamt ruiniert? Familie Thiere aus Großenhain ist mit ihrem Problem nicht allein.

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© Kristin Richter

Von Catharina Karlshaus

Es hatte etwas von Stuhlkreis. Vier Reihen links. Vier Reihen rechts. Dazwischen ein großes Schaulaufen an Emotionen, Ratlosigkeit und Betroffenheit. Die gut 30 Familien, welche sich am vergangenen Wochenende zur Zusammenkunft mit dem TV-Produzenten UFA GmbH nach Köln auf den Weg gemacht hatten, trugen vor allem eins im Gepäck: Die Hoffnung, dass der Gigant in Sachen namhafter Fernsehproduktionen vielleicht doch noch mit dem passenden Drehbuch unterm Arm hineinspaziert käme. Eines, das ehemaligen Mitwirkenden wie Familie Thiere aus dem Großenhainer Ortsteil Bauda endlich die Sorge nehmen würde.

Seit einer Wirtschaftsprüfung beim Potsdamer Unternehmen, mit welchem sie auch vor Beginn der Dreharbeiten zum Quotenkracher „Zuhause im Glück“ die Verträge unterschrieben haben, wackeln bei den Kandidaten die frisch gestrichenen Wände. Nach 13 Jahren – seit 2005 wurden in Deutschlands erfolgreichster Renovierungssendung auf RTL 2 mehr als 200 Häuser hergerichtet – sollen die Teilnehmer Steuern auf Umbauarbeiten und die neuen Möbel bezahlen. Summen von 30  000 bis 40 000 Euro werden da in Köln genannt. Summen, die durch Krankheit, Tod und andere Schicksalsschläge bereits mächtig gebeutelte Familien nicht aufbringen können. Allein fünf von ihnen drohen bereits in dieser Woche die Sperrung ihrer Bankkonten und ein Strafbefehl wegen Nichtentrichtung der vom Finanzamt eingeforderten Steuernachzahlung.

Es sind Geschichten wie diese, die auch andere Betroffene wie Michaela Schäfer so ärgern. Die ehemalige Polizeibeamtin sitzt an diesem Nachmittag in Köln Juliane und Alexander Thiere gegenüber. Die von den Großenhainern geäußerten Ängste und Befürchtungen kann die 46-jährige Saarländerin gut nachempfinden. Nach eigenen Aussagen sei schon bei den Dreharbeiten nicht alles rund gelaufen. „Nach einem Schlaganfall und einer Bypass-Operation lag ich während des Umbaus medikamentiert in einem Pflegebett unserer oberen Etage. Dass unsere 20 000 Euro-Küche während meiner körperlich und geistigen Untätigkeit zugunsten einer billigeren ausgetauscht worden ist, war noch das geringste Problem“, sagt Schäfer. Obgleich sie damals dem Team um Architektin Eva Brenner sogar weitere Dreharbeiten untersagt habe, wäre die Folge letztlich im Februar 2018 ausgestrahlt worden. Verträge mit der UFA GmbH habe sie sogar drei Stück. Mehr als ein Hinweis auf mögliche Steuernachzahlungen fänden sich darin aber nicht.

Die UFA hat nun angeboten, Betroffenen kostenlos einen Steuerberater zur Seite zu stellen. Gemeinsam mit anderen ehemaligen Teilnehmern vertreten Michaela Schäfer und ihr Mann aber die Auffassung, nicht vom Angebot der UFA GmbH Gebrauch zu machen, sondern Strafantrag zu stellen. Diese habe auch in Köln mit einem kostenlos zur Verfügung gestellten Steuerberater dafür geworben, gemeinsam gegen die scheinbar neue Bewertung der Finanzbehörde zu Felde zu ziehen. „Ich gebe aber zu bedenken, dass wir uns dann ganz in die Hände der Produktionsgesellschaft begeben und werbe für einen Strafantrag“, betont Michaela Schäfer.

Was weder sie noch Familie Thiere in Köln ahnen können: Am Montagnachmittag wird die UFA GmbH eine Mail verschicken. In dieser bestätigt sie den Mitwirkenden, dass sie „nicht über die Produktionskosten der Sach- und Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit der Renovierung Eures Hauses bei der UFA entstanden sind, informiert wurden.“ Sie hätten keine diesbezügliche Rechnung erhalten. „Erst im Jahr 2018 habt Ihr eine Aufstellung über die Produktionskosten von uns erhalten, die jedoch aus unserer Sicht nicht den Wert der Renovierung darstellt, der bei Euch verbleibt“, heißt es weiter. Ein Rettungsanker für jene fünf Familien, die bereits in dieser Woche durch das zuständige Finanzamt vollstreckt werden sollen. Was mit all jenen passiert, deren Dreharbeiten wie bei Juliane und Alexander Thiere oder Michaela Schäfer erst später stattgefunden haben? Die Saarländerin will nun nicht nur Strafantrag stellen. Sie wandte sich auch an die stellvertretende Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, die sich jetzt dem Problem annehmen wolle.