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Kaufen Chinesen den Waggonbau Niesky?

Der größte Schienenfahrzeughersteller der Welt aus China gehört zu den Bietern. Eine Delegation des Staatskonzerns soll schon auf dem Weg in die Lausitz sein.

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© André Schulze

Von Ulrich Wolf

Niesky/Dresden. Die Verkaufsbemühungen für die insolvente WBN Waggonbau Niesky GmbH gehen in die Endphase. Nach SZ-Informationen wird am Donnerstagnachmittag eine Wirtschaftsdelegation aus China das Werk in Ostsachsen besichtigen. Es soll sich dabei um Vertreter des Staatskonzerns China Railway Rolling Stock Corporation handeln.

Insolvenzverwalter Jürgen Wallner dementierte ausdrücklich Gerüchte aus Branchenkreisen, dass bei diesem Gespräch nur noch über den Kaufpreis verhandelt werde. Ursprünglich sollten auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) oder Wirtschaftsminister Michael Dulig (SPD) an dem Treffen teilnehmen, beide Spitzenpolitiker sind jedoch wegen der Haushaltsklausur der Landesregierung verhindert.

Vertreter von CRRC waren jedoch schon Ende März auf Einladung Kretschmers zu Gast in der Staatskanzlei in Dresden. Schon damals teilten die Chinesen mit, sie strebten den Kauf des Nieskyer Waggonbaus an.

CRRC ist der größte Schienenfahrzeughersteller der Welt. Die Finanzierung des Mega-Konzerns mit seinen rund 1,4 Millionen Beschäftigten erfolgt überwiegend durch das chinesische Eisenbahnministerium. Bereits im Januar dieses Jahres hatte das Delitzscher Unternehmen Railmaint GmbH eine Kooperation mit CRRC bekanntgeben. Die Nordsachsen verantworten seitdem die Wartung und Instandsetzung von Güterwagen aus chinesischer Produktion in Deutschland.

Den Deal zwischen Insolvenzverwalter Wallner, dem Waggonbau Niesky und den Chinesen soll die Unternehmensberatung Rasenberger-Toschek AG aus Lausanne in der Schweiz eingefädelt haben. Bereits 2017 hatten die Schweizer einen Investor für die insolvente Metallgießerei an der Mulde GmbH in Freiberg gefunden. 2013 vermittelten sie den Verkauf des insolventen Feuerlöschfahrzeugherstellers Ziegler nach China.

Wallner betonte, es gebe noch keinen Vertrag mit einem möglichen Investor. Das Bieterverfahren sei jedoch auf den Zielgeraden. Wie viele Kaufinteressenten noch im Rennen seien, wollte er nicht sagen. Zunächst hatten 45 potenzielle Investoren ihr Interesse an einer Übernahme des insolventen Schienenfahrzeugbauers bekundet, Ende März waren es dann nur noch 13. Als Konkurrenten der Chinesen gelten nach SZ-Informationen auch der tschechische Waggonhersteller Legios Loco aus Prag sowie der slowakische Schienenfahrzeugproduzent Tatravagonka in Poprad. Wallner hofft, das Verfahren in den nächsten Wochen abzuschließen. Bislang war Ende Juni als Datum anvisiert.

Die IG Metall hofft, dass ein neuer Eigentümer sämtliche Liegenschaften und das gesamte Personal übernimmt. Derzeit arbeiten beim Waggonbau rund 300 Leute. Das Unternehmen war nach dem Verkauf an einen Münchner Finanzinvestor zunächst rasant gewachsen, musste dann aber Ende 2017 mangels Liquidität Insolvenz beantragen.