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Von Frauke bis Flittchen

Die gute alte Dederon-Schürze ist immer noch beliebt. Eine Frau in Zittau verkauft ihre selbst genähten Modelle und gewinnt eine neue Zielgruppe.

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© Bernd Gaertner

Von Mario Heinke

Immer mittwochs baut Petra Vogt ihren kleinen Stand auf dem Zittauer Marktplatz auf. Das Angebot der 57-Jährigen ist etwas Besonderes. Sie verkauft bunte Dederon-Schürzen, wie die Nylonkittel im ostdeutschen Sprachgebrauch früher genannt wurden. Dederon, abgeleitet von „DeDeR“ mit angehängtem „on“, ist eine Anfang der 1960er-Jahre entwickelte Chemiefaser, die besonders pflegeleicht ist und schnell trocknet. Die moderne, werktätige Frau trug den praktischen, meist bunten Kittel im real existierenden Sozialismus vornehmlich beim Kochen, Waschen, Putzen oder andersgearteter Hausarbeit, nicht nur am Haushaltstag. Der Haushaltstag wurde mit der Wiedervereinigung abgeschafft, die Dederon-Schürze blieb. Das Chemiefaser-Relikt aus vergangener Zeit hält sich hartnäckig im ostdeutschen Straßenbild, vornehmlich im ländlichen Raum.

Petra Vogt bietet die Kittel nicht nur in vielen Farben, sondern auch in unterschiedlichen Schnitten an. So gibt es die Wickel- oder Latzschürze, das Modell „Frauke“ mit angeschnittenem Arm oder das Modell „Flittchen“, das an der Seite offen ist. Der Renner sind die dreiviertellangen Schürzen, und ganz stark im Kommen sind Kinderschürzen für die Kita und den Bastelraum. Die Kinderschürze ist auch im Dekor „kleiner Maulwurf“ erhältlich. Die unterschiedlichen Schnittmuster übernahm die Cunewalderin von ihrem Vater. Der Schneidermeister produzierte die Kittel zu DDR-Zeiten in großen Stückzahlen.

„Seit 21 Jahren nähe ich alles selbst“, so Frau Vogt. Die Stückzahlen gingen zwar zurück, aber für sie allein reiche es immer noch. Für Damen, die mit barocker Leibesfülle daherkommen, fertigt Frau Vogt die Schürzen auch passgenau an. Im Winter, wenn es auf den Märkten in Sebnitz, Bischofswerda, Hoyerswerda oder Zittau zu kalt wird, näht Frau Vogt Nylonkittel, Baumwoll-Schürzen, Stoff- und Klammerbeutel im heimischen Cunewalde in der warmen Stube, auf Vorrat für die kommende Verkaufssaison. Die bunten Stoffe bezieht die Oberlausitzerin aus einem kleinen Betrieb in Frankenberg bei Chemnitz.

Eine ältere Kundin kauft nach wenigen Minuten Beratung drei Kittel. „Die haben wir schon immer getragen“, begründet sie. In der Schürzentasche sei immer Platz für ein Taschentuch, schiebt die ältere Dame nach. Trotz der Verkaufserfolge des Kittels kreiert Frau Vogt neue innovative Produkte, wie das Hauskleid aus Viskose-Stretch-Material. Für die Dame, federleicht und für den Sommer. „Die laufen gut, wenn es heiß ist“, so die Händlerin. Noch werde das Hauskleid vorwiegend von Städtern gekauft, die etwas offener seien als die Dame vom Lande, lässt Petra Vogt durchblicken.

Jetzt verabschiedet sie sich erst einmal in den Urlaub. Am 9. August steht sie wieder auf dem Markt in Zittau.