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Umweltschützer erstatten Anzeige

Klebepaste gegen Tauben lässt auch bedrohte Vogelarten sterben, in Leipzig wie in Dresden. Dem Naturschutzbund platzte jetzt der Kragen.

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© Nabu Leipzig

Von Sven Heitkamp, Leipzig

Es ist ein Trauerspiel: Seit drei Jahren finden ehrenamtliche Helfer des Naturschutzbundes (NABU) immer wieder verklebte und verendete Vögel in Sachsen, die offenbar Opfer einer tückischen Vogelabwehrpaste wurden. „Mindestens 30 Vögel, die wir seit 2015 allein in Leipzig gefunden haben, konnten nicht mehr fliegen, 23 sind tot – darunter auch geschützte Arten wie Turmfalke, Mauersegler, Haussperling, Kohlmeise und Hausrotschwanz“, berichtet Karsten Peterlein vom Nabu. Ursache für das Leid der Tiere sei die Paste, die an diversen Häusern in verschiedenen Städten wie Leipzig und Dresden angebracht werde – eigentlich zur Taubenabwehr. Mittlerweile platzt den Naturschützern der Kragen: Sie schalten die Staatsanwaltschaft ein. Wegen eines verklebten, flugunfähigen Mauerseglers, der in Dresden gefunden wurde, erstattete der Nabu bereits vor Monaten Strafanzeige.

Auch in einem besonders schweren Fall in der Leipziger Innenstadt ging der Nabu jetzt zur Staatsanwaltschaft. Ein Behördensprecher bestätigte den Eingang der Anzeige gegen Unbekannt wegen Verstoßes gegen das Naturschutzgesetz. Es werde ermittelt. Dass an dem Leipziger Büro- und Geschäftshaus tatsächlich Wildvögel verletzt würden, zeigten festklebende Federn an den Fenstersimsen, betont Nabu-Fachmann Peterlein. Zwar habe der Naturschutzbund im April das Veterinäramt und das Amt für Umweltschutz informiert. „Doch obwohl gegen das Tierschutzgesetz und das Naturschutzgesetz verstoßen wird, ist bisher nichts passiert“, kritisiert Peterlein. Die gefährliche Paste befinde sich noch an den Fensterbrettern und sei gespickt mit Abdrücken von Vogelkrallen und Federn. „Wir gehen davon aus, dass die Vogelabwehrpaste von einer Schädlingsbekämpfungsfirma zur Taubenbekämpfung angebracht wurde“, ergänzt Nabu-Landeschef Bernd Heinitz.

Die Stadt Leipzig kennt das Dilemma um „verklebte Vögel“ seit Jahren. Rechtlich seien ihr jedoch die Hände gebunden, betont ein Rathaussprecher. „Da können wir als Stadt nichts machen.“ Das Veterinäramt bittet aber bereits seit längerer Zeit alle Schädlingsbekämpfungs-Firmen in der Stadt, die eine tierschutzrechtliche Erlaubnis haben, von diesem Taubenvergrämungsmittel und ähnlich klebenden Pasten abzusehen. Nach Ansicht des Nabu könnte die Stadt aber auch darüber hinaus tätig werden und die Auflage erteilen, eine Vogelabwehrpaste nicht mehr zu verwenden.

Die gelartigen Substanzen sind im Handel zwar erhältlich, ihre Verwendung gilt aber als tierschutzwidrig verboten. Laut Nabu würden sich besonders geschützte Wildvögel ihre Füße und ihr Gefieder so verkleben, dass sie flugunfähig und wehrlos werden. Im schlimmsten Fall sterben sie qualvoll, weil sie verhungern. Auch ihre Wärmeregulierung werde empfindlich gestört. Der Nabu fordert daher ein bundesweites Verbot der Pasten. Derweil kümmern sich die ehrenamtlichen Helfer weiter um betroffene Vögel. Aufgefundene Tiere würden mühevoll gereinigt, um ihnen das Leben zu retten und Beutegreifer zu schützen, die die verklebten Tiere fressen. Der Mauersegler aus Dresden wurde zwischenzeitlich sogar in eine Mauersegler-Klinik nach Frankfurt/Main gebracht.