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Streit um „schönste Medienanstalt“ Deutschlands

Die sächsische Landesmedienanstalt hat ein nobles Haus in Leipzig gekauft. Der Erwerb war unnötig und der Preis zu hoch, rügt die Staatskanzlei und wittert Verschwendung öffentlicher Gelder.

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© Paul Sander

Von Karin Schlottmann

Die Ferdinand-Lasalle-Straße 21 ist eine Topadresse in Leipzig. Die Mieten in dem noblen Viertel sind hoch und wer dort vor einigen Jahren eine Wohnung kaufen konnte, kann sich heute glücklich schätzen. Die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) hat im Mai 2013 ihre Chance genutzt. Obwohl sie bereits seit 13 Jahren in den unteren drei Etagen der schmucken Villa residiert, unterschrieben die Verantwortlichen einen Kaufvertrag für eine der beiden Dachgeschosswohnungen zum Preis von 395 000 Euro plus Maklercourtage in Höhe von 18 762 Euro. Laut dem Gutachten, das sie selbst eingeholt hatte, betrug der Verkehrswert für die Wohnung damals jedoch nur 330 000 Euro.

Michael Sagurna ist Präsident der Landesmedienanstalt.
Michael Sagurna ist Präsident der Landesmedienanstalt. © SLM

Dieser Vertrag hat der Landesmedienanstalt eine Rüge der Landesregierung eingebracht. Die Staatskanzlei, die innerhalb der Regierung für die Rechtsaufsicht über die SLM zuständig ist, kritisiert den Deal als zu teuer. Der Kauf sei unnötig, der Preis deutlich überhöht. Die öffentliche Hand dürfe anders als Private keine zu großen Risiken eingehen. Die bedingungslose Akzeptanz des überhöhten Kaufpreises sei unangemessen. Wenn die Medienanstalt mehr Räume benötigt, hätte es auch ein Umzug in ein anderes Mietobjekt in Leipzig getan. In einem formellen Bescheid ordnete sie zudem an, Schadenersatzansprüche gegen die Verantwortlichen zu prüfen – also gegen Präsident Michael Sagurna und/oder die Geschäftsführung.

Am Mittwoch trafen sich Vertreter der Staatskanzlei und die Spitze der SLM vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen. Die SLM hatte gegen den Bescheid geklagt und in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Leipzig verloren. Der Kaufvertrag sei rechtswidrig, hatten die Leipziger Richter entschieden. Selbst wenn der Eigentümer der Dachgeschosswohnung die Miete um elf Prozent erhöht hätte, hätte sich der Kauf erst im Jahre 2046 amortisiert.

Die SLM, die zur Finanzierung ihrer Aufgaben einen Anteil des monatlichen Rundfunkbeitrags aller Haushalte und Betriebe erhält, hatte für den Kaufpreis eine Rückstellung in Höhe von 400 000 Euro gebildet. Insgesamt verfügt sie über einen Jahresetat in Höhe von sechs Millionen Euro. Ihre Zuständigkeit: Aufsicht über den privaten Rundfunk, Förderung der technischen Infrastruktur, Aufsicht über den Jugendschutz sowie Finanzierung von Medienforschung. Es ist schon vorgekommen, dass sie ihr Geld nicht vollständig ausgibt. Überschüsse muss sie eigentlich dem MDR zur Verfügung stellen. Bisher ist das nicht allzu häufig vorgekommen.

In der mündlichen Verhandlung verteidigte die Landesmedienanstalt den Wohnungskauf als sinnvolle Investition in den Standort. Eigentlich geht es ihr in dem Prozess jedoch um ihre Unabhängigkeit. Es sei nicht Aufgabe der Staatskanzlei, mit „pepita-kleinteiligen Anweisungen“ jede Entscheidung der SLM zu hinterfragen, sagte Rechtsanwalt Michael Schmittmann. Ob und wie lange die SLM-Verantwortlichen mit dem Verkäufer hätten verhandeln müssen, gehe die Regierung nichts an. Sie dürfe erst dann einschreiten, wenn die Behörde offenkundig unvernünftig handele und Gebührengelder verschwende.

Wirtschaftliches Handeln bedeute nicht, stets die billigste Lösung zu wählen. Angesichts der Wertsteigerung des Objekts wäre es sogar unwirtschaftlich gewesen, die Wohnung weiterhin zu mieten und nicht zu kaufen, argumentierte der Düsseldorfer Anwalt. Nun habe Sachsen eben die „schönste Landesmedienanstalt“ in ganz Deutschland.

Einen Eingriff in die Unabhängigkeit der SLM sehe er nicht, sagte der Vorsitzende Richter Dirk Munzinger. Als Träger der „mittelbaren Staatsverwaltung“ unterliege die Landesmedienanstalt der Rechtsaufsicht, die, wenn es nötig sei, nun einmal Verstöße rügen müsse. Entscheidend sei, ob bei dem Wohnungskauf die Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit eingehalten worden seien. Das Gericht gehe in seiner vorläufigen Einschätzung davon aus, dass der Vertrag angesichts der konkreten Umstände – Lage der Wohnung, Wertsteigerung, Nutzungsdauer – durchaus vorteilhaft sei. Schließlich habe die SLM den vollen Gegenwert für ihr Geld erhalten. Die Tatsache, dass der Kaufpreis über dem Verkehrswert gelegen habe, falle bei der Beurteilung weniger ins Gewicht. Mit dieser Argumentation, entgegnete Rechtsanwalt Gernot Lehr für die Staatskanzlei, lasse sich jeder überteuerte Immobilienerwerb durch die öffentliche Hand rechtfertigen. Das Gericht will sein Urteil in den nächsten Tagen verkünden.