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Steuerhinterziehung mit Luxuskarossen

Zwei Riesaer sollen beim An- und Verkauf von teuren Autos nur eine Sache im Sinn gehabt haben: noch mehr Geld.

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© Porsche (dpa/gms)

Von Jürgen Müller

Die Mühlen der Justiz mahlen langsam. Manchmal auch sehr langsam, so wie in diesem Fall. Die Taten, die den beiden 44 und 45 Jahre alten Angeklagten zur Last gelegt werden, liegen teilweise schon neun Jahre zurück. Die Anklage stammt aus dem Jahr 2013, seit Dienstag sitzen die beiden Riesaer vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtes Dresden. Ihnen werden Steuerhinterziehung und Insolvenzverschleppung vorgeworfen.

Die beiden deutschen Angeklagten S. und R. sollen am Umsatzsteuerkarussell gedreht haben. Sie sollen eine Firma gegründet haben, die mit Autos handelte, laut Staatsanwaltschaft aber dem einzigen Zweck diente, Steuern zu hinterziehen beziehungsweise zu verkürzen. S. war offiziell der Geschäftsführer, tatsächlich soll aber R. sämtliche kaufmännischen Entscheidungen getroffen haben. Das Geschäftsmodell der Firma, deren Sitz sich in der Wohnung des Angeklagten S. in Riesa befand, soll darin bestanden haben, ab 2009 Autos umsatzsteuerfrei eingekauft und an einen ausländischen Verkäufer weitergegeben zu haben. „Die Briefkastenfirma diente dazu, Fahrzeuge umsatzsteuerfrei zu erwerben und diese im Vergleich zur redlichen Konkurrenz billiger und trotzdem mit Gewinn zu verkaufen“, so der Staatsanwalt. Die Firma, die sechsstellige Umsätze machte, aber nur einen geringfügig Beschäftigen zählte, habe nie ein Auto auf dem Hof gehabt, so der Staatsanwalt. Dabei sei man als Distributor, also Großhändler aufgetreten. So habe die Firma von Juli bis Dezember 2009 insgesamt 47 hochpreisige Fahrzeuge wie Porsche, Mercedes, BMW und Bentley ge- und weiterverkauft und dabei Umsatzsteuer hinterzogen. Sie sollen keine Umsatzsteuer bezahlt, die Erstattung aber beim Finanzamt beantragt haben. Das Geschäftskonzept sei von der Vorsteuererstattung des Finanzamtes abhängig gewesen, so der Anklagevertreter.

Zunächst sollen die Angeklagten die Luxusfahrzeuge an einen ausländischen Aufkäufer weitergegeben und dafür eine fest vereinbarte „Exportpauschale“ kassiert haben. Auf diese Weise hätten sie im Jahr 2009 Steuern in Höhe von rund 545 800 Euro „verkürzt“ und dies mit weiteren 187 650 Euro versucht, was aber scheiterte. Sie sollen hier eine Pauschale von 86 147 Euro bekommen haben.

Nachdem die Firma im Jahr 2010 durchsucht wurde, sollen die Angeklagten dann selbst Fahrzeuge umsatzsteuerfrei erworben, mit Mehrwertsteuer verkauft, diese jedoch nicht oder nicht in voller Höhe an das Finanzamt abgeführt haben. Jahresumsätze seien gegenüber dem Finanzamt nicht erklärt, keine Umsatzsteuer abgeführt worden. Erst 2011, als sie erfuhren, dass das Finanzamt eine Prüfung veranlasst hat, sollen sie eine elektronische Steuererklärung abgegeben haben. Diese sei jedoch unvollständig gewesen.

Das Finanzamt hat dann einen geänderten Bescheid erlassen und die Firma zur Zahlung von 432 000 Euro verpflichtet. Dagegen sind die Angeklagten vors Finanzgericht gezogen, haben allerdings verloren. Schon damals habe die Firma vor der Insolvenz gestanden. Obwohl diese seit Februar 2011 verschuldet und insolvent gewesen sei, hätten die beiden Angeklagten keinen Insolvenzantrag gestellt. Die Firma habe damals Verbindlichkeiten von 664 000 Euro gehabt, so der Staatsanwalt. Beiträge zur Industrie- und Handelskammer seien nicht bezahlt worden. Die Bank habe der Firma das Konto gekündigt.

Er wirft den beiden Angeklagten vor, in insgesamt sechs Fällen gemeinschaftlich Steuern verkürzt und dies in zwei weiteren Fällen versucht zu haben, um sich oder einem Dritten Steuervorteile zu verschaffen. Insgesamt soll es um verkürzte Umsatzsteuer für diverse Zeiträume von rund 700 000 Euro gehen. Außerdem wirft die Staatsanwaltschaft beiden vorsätzliche Insolvenzverschleppung vor.

Die beiden Angeklagten haben sich am Dienstag nicht zu den Vorwürfen geäußert. Die Vorsitzende Richterin Michaela Kessler hatte ursprünglich vor, den Angeklagten mitzuteilen, welches Strafmaß sich das Gericht im Falle eines Geständnisses vorstellen könnte und auch was sie erwarten könnte, wenn sie nicht geständig sind. Dies stellte die Richterin nach einem Gespräch mit den Verteidigern und der Staatsanwaltschaft erst einmal zurück. Die Verteidigung strebt zumindest in den Hauptanklagepunkten der Steuerhinterziehung einen Freispruch an.

Die Große Wirtschaftsstrafkammer hat insgesamt acht Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil soll es voraussichtlich am 13. November geben. Im Falle einer Verurteilung liegt der Strafrahmen bei Steuerhinterziehung von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Gefängnis. Ein Fakt kommt den Angeklagten auf alle Fälle zugute. Es ist die lange Verfahrensdauer. Diese wirkt sich strafmildernd aus. Für die Verteidigung ist das ohnehin irrelevant. Sie geht von einem Freispruch aus.

Das Verfahren wird am Donnerstag um 9 Uhr fortgesetzt.