Merken

Sachsen führt Wohnsitzauflage ein

Um die Wohnsitzauflage hatten Landkreise und kreisfreie Städte lange gestritten. Sie regelt, dass Flüchtlinge ihren Wohnsitz für bis zu drei Jahre nicht mehr nach Belieben wechseln dürfen.

Teilen
Folgen
© dpa/Sebastian Kahnert

Dresden. Sachsen führt zum 1. April eine Wohnsitzauflage für anerkannte Asylbewerber und andere aus humanitären Gründen aufgenommene Flüchtlinge ein. Diese dürfen ihren Wohnsitz dann für bis zu drei Jahre nicht mehr nach Belieben wechseln. Dazu wurden die Landkreise vom Innenministerium ermächtigt. Der Erlass, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und über den die „Freie Presse“ zunächst berichtet hatte, ist bereits am 16. Februar ergangen, bislang aber nicht bekanntgemacht worden.

Der Sprecher von Innenminister Roland Wöller (CDU) bestätigte, dass die Wohnsitzauflage ab dem 1. April von den Landkreisen genutzt werden könne. Bisher dürfen anerkannte Flüchtlinge ihren Wohnsitz in Sachsen frei wählen. Der Landkreis Mittelsachsen kündigte bereits an, über die Regelung einem von der Stadt Freiberg geforderten Zuzugsstopp umsetzen zu wollen. Die Linke kritisierte den Vorgang und sprach von einer Täuschung der Öffentlichkeit.

Um die Wohnsitzauflage hatten Landkreise und kreisfreie Städte lange gestritten. Ziel der Regelung sei es, die Schutzsuchenden gleichmäßiger auf den Freistaat zu verteilen und eine Konzentration in den großen Städten zu vermeiden, hieß es im Innenministerium. Zudem könnten so vorgehaltene Integrationsmaßnahmen wie Sprachkurse, Arbeitsangebote, aber auch Wohnraum effizienter genutzt werden.

Künftig können die Flüchtlinge von den Ausländerbehörden nach Prüfung des Einzelfalls bis zu drei Jahren verpflichtet werden, ihren Wohnsitz in der zugeteilten Kommune zu nehmen. Zuwiderhandlungen werden als Ordnungswidrigkeit geahndet, zudem entfallen die Sozialleistungen.

Mittelsachsens Landrat Matthias Damm (CDU) bestätigte der „Freien Presse“, dass über diese Regelung vorerst keine Flüchtlinge mehr der Stadt Freiberg zugeteilt werden sollen. „Das ist unsere Zielsetzung“, sagte er dem Blatt. Freibergs Oberbürgermeister Sven Krüger (SPD) hatte die Forderung damit begründet, dass es in seiner Stadt keine weiteren Integrationsmöglichkeiten mehr gebe.

Die Migrationsexpertin der Linke-Landtagsfraktion, Juliane Nagel, nannte den Erlass des Innenministeriums „heimtückisch“. „Statt das integrationspolitisch hochbrisante Thema Wohnsitzauflage in einer ordentlichen Rechtsverordnung zu regeln, die veröffentlicht und zuvor öffentlich diskutiert wird, wird die altbekannte Form der Hinterzimmerpolitik in Form eines Erlasses gewählt“, sagte sie. Mit dem Verfahren sei einer „Verwaltungs-Willkür gegenüber Geflüchteten Tür und Tor“ geöffnet. „Mit Integration hat das Ganze nichts zu tun.“ (dpa)