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Rolle vorwärts statt rückwärts für Frauenrechte

Die sächsische Ministerin Petra Köpping geht mit einem neuen Gleichstellungsgesetz in die Offensive.

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© Uwe Soeder

Von Nora Miethke

Mit dieser Bitte wird sich Sachsens Gleichstellungsministerin Petra Köpping (SPD) schwertun. Sie soll im Wahljahr eine „Sachsen Erklärung 2019“ der im Freistaat aktiven Frauenverbände und -netzwerke zur Stärkung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern mit auf den Weg bringen. Das forderte die Vorsitzende des Verbandes „Frauen in die Aufsichtsräte“ (Fidar), Monika Schulz-Strehlow, vergangene Woche auf der Veranstaltung „Starke Frauen in Sachsen – Diversität als Chance“, veranstaltet von Fidar und dem Frauennetzwerk EWMD Sachsen.

Vorbild soll die „Berliner Erklärung 2017“ sein, in der im Bundestagswahlkampf die 17 Frauenverbände in Deutschland ihre gemeinsamen Forderungen gebündelt hatten, etwa nach fairer Bezahlung oder mehr Führungspositionen für das weibliche Geschlecht. Vor einem Jahr hatte Schulz-Strehlow an Kanzlerin Angela Merkel und alle politischen Parteien appelliert, in den Wahlprogrammen Gleichstellungsforderungen stärker einzubringen.

Petra Köpping reagierte zurückhaltend. Auf die Frage, was im Wahljahr und im Wahlprogramm der SPD nächstes Jahr in Sachen Gleichstellungspolitik machbar ist, antwortete die Ministerin ausführlich mit bisher Erreichtem – angefangen damit, wie der sächsische Gründerinnenpreis aufpoliert wurde, über die Aufstockung von Fördergeldern für Frauenverbände bis hin zum Entwurf für ein modernes Gleichstellungsgesetz. Nach dem Willen von Köpping soll es ein Familienförderungsgesetz werden, das die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert, die Gleichstellungsbeauftragten in Firmen und Ämtern stärkt und mehr Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen herstellt. Wann das Gesetz kommen wird, ließ sie offen. Denn die Politikerin weiß selbst nur zu gut, dass man sich mit Gleichstellungspolitik im Freistaat derzeit kaum Freunde macht. Die Alternative für Deutschland (AfD) vertritt in der Familien- und Gesellschaftspolitik klassische Rollen- und Geschlechterbilder. Köpping muss sich mit den AfD-Anträgen herumschlagen, in denen die Schaffung neuer Stellen im Ministerium für Gleichstellungsthemen und die Ausgaben für Genderforschung kritisiert werden. Und so klagte die Ministerin: „Wir erleben bei den Frauenrechten ein Rollback.“

Die Popularität der AfD ist vielleicht auch der Grund dafür, warum der Gesetzentwurf in der ministeriellen Schublade verstaubt. Anlässlich des Frauentages im März fragte Irena Rudolph-Kokot, Vorsitzende der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der SPD Sachsen, öffentlich „Wo bleibt das moderne Gleichstellungsgesetz für Sachsen?“ und erinnerte die CDU an ihre Koalitionstreue. Im Koalitionsvertrag von 2014 war vereinbart worden, dass das Gesetz bis 2016 verabschiedet werden soll. Der Entwurf wurde gemeinsam mit Männer- und Frauenverbänden sowie Gewerkschaften erarbeitet und im Dezember 2017 einhellig vom Gleichstellungsbeirat unterstützt. Auf Anfrage der SZ im Ministerium hieß es nun, dass derzeit das Mitzeichnungsverfahren zur Anhörung im Kabinett läuft. Sollte es keine weiteren Verzögerungen geben, sei die Anhörung für Mitte September/Anfang Oktober geplant, sagte eine Pressesprecherin. Anschließend könnte das Gesetz dann in den Landtag eingebracht werden.

Auch bei einem anderen Thema bekam Schulz-Strehlow eine Abfuhr. Auf ihre Frage, warum nicht längst das Ehegattensplitting bei der Einkommenssteuer abgeschafft worden sei, sagte Köpping nur knapp: „Weil man dazu Mehrheiten braucht.“ Es werde dazu keine Initiative aus Sachsen geben, „weil uns die Mehrheit fehlt und wir uns in den Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzen konnten“, so die Ministerin. Also was bleibt zu tun? Köpping hat sich vor allem zur Aufgabe gemacht, Frauen in Sachsen und ihre Leistungen sichtbar zu machen mit dem Gründerinnenpreis, durch Unternehmensbesuche oder Netzwerktreffen wie den 2. Ladies Lunch am 30. August in Naunhof.

Damit erfüllt sie einen Wunsch der in Dresden versammelten Frauen. Petra von Crailsheim, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Ostsächsischen Sparkasse Dresden, forderte aber auch mehr Mentorinnen, um junge Frauen für die Übernahme von Führungspositionen zu motivieren. Die Ostsächsische Sparkasse hat große Probleme, ihre Führungskräfte aus den eigenen Reihen zu rekrutieren. 70 Prozent der rund 2 000 Beschäftigten sind weiblich. „Frauen wie junge Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen insgesamt wollen nicht in den vorhandenen Hierarchie-Strukturen arbeiten. Da müssen wir mit Mentorinnenprogrammen gegensteuern“, so von Crailsheim. Wie die Strukturen aufgebrochen werden könnten, um auf Managementebenen in Sachsen mehr Vielfalt zu erreichen, und das bei Akzeptanz aller Lebensentwürfe – dafür reichte nicht die Zeit an diesem Abend. Um das zu diskutieren, wäre ein guter Zeitpunkt, wenn das Gleichstellungsgesetz in der Lesung im Landtag ist.