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Mit Röntgenstrahl und Spürnase

Die größte Kaffeepause aller Zeiten? Von wegen! Die Ladung ist geschmuggelt. Der Zoll stoppt sie bei einer Großkontrolle auf der A 17.

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© Daniel Schäfer

Von Jörg Stock

Breitenau. Dieser Kaffee bringt den Zöllnern keine Pause. Er bringt ihnen Arbeit: Ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung müssen sie einleiten. Die 45 Kisten, die auf der Ladefläche dieses Lieferautos stehen, enthalten etwa 2 000 Kaffeepäckchen, rund eine halbe Tonne insgesamt. Losgeschickt in Vietnam, Ho-Chi-Minh-Stadt, kam die Ware über Singapur irgendwie nach Tschechien und ist nun in Breitenau an der Autobahn A 17 gestrandet. Kaffeesteuer hat der Händler aus Leipzig, der die Fracht erwartet, nämlich nicht bezahlt. Klarer Fall von Schmuggelei. Warum sie gerade diesen unauffälligen Wagen stoppten? Die Zöllner können es auch nicht so genau erklären. „Nennen Sie es einen Glückstreffer.“

Zollkontrolle auf der A 17

Ein sogenannter Grinder wird gern zum Mahlen von Cannabis benutzt.
Ein sogenannter Grinder wird gern zum Mahlen von Cannabis benutzt.
Schäferhund Yago schnüffelt nach Crystal und Konsorten.
Schäferhund Yago schnüffelt nach Crystal und Konsorten.
Etwa eine Halbe Tonne unversteuerten Kaffee aus Vietnam entdeckten die Zöllner in einem Transporter mit Ziel Leipzig.
Etwa eine Halbe Tonne unversteuerten Kaffee aus Vietnam entdeckten die Zöllner in einem Transporter mit Ziel Leipzig.
Im mobilen Gepäckscanner werden Koffer einer Reisegruppe aus Rumänien durchleuchtet. Tatsächlich findet sich in einem der Koffer eine illegale Zigarettensendung.
Im mobilen Gepäckscanner werden Koffer einer Reisegruppe aus Rumänien durchleuchtet. Tatsächlich findet sich in einem der Koffer eine illegale Zigarettensendung.
Alles sauber bei diesem Oldtimer?
Alles sauber bei diesem Oldtimer?

Wenn es so war, hat das Hauptzollamt Dresden dem Glück gehörig nachgeholfen. Am Mittwoch sperrte die Behörde die Einreisespur der A 17 komplett und lotste sämtliche Fahrzeuge – pro Tag sind das etwa 8 000 Stück – über den Parkplatz Heidenholz. Dort spähten die Beamten in den kriechenden Verkehrsstrom und winkten Fahrzeuge für die Kontrollteams heraus.

Die Aktion ist die erste dieser Größenordnung, die der Zoll an der A 17 durchführt. Dreißig bis vierzig Beamte aus den Standorten Dresden, Zittau, Görlitz und Leipzig sind ständig vor Ort. Dazu kommen Kollegen vom Hauptzollamt Erfurt sowie Landespolizisten, Bundespolizisten und die Mitarbeiter des Bundesamts für Güterverkehr. Sämtliche Behörden arbeiten hier zusammen, sagt Zoll-Sprecherin Heike Wilsdorf. Egal worum es gehe – der richtige Ansprechpartner sei sofort greifbar. „Das ist eine riesige Arbeitserleichterung.“

Der „Scan Van“ bringt Durchblick

Ein grauer Mercedes-Kleinbus rollt in die Kontrollstelle. Er kommt aus Rumänien und bringt die Passagiere, meist junge Leute, nach England, zum Arbeiten, wie sie sagen. Berge von Gepäck werden entladen und in ein Zelt geschleppt, wo die Zöllner ihren „Scan Van“ geparkt haben. Es ist ein Röntgenapparat für Koffer, wie man ihn vom Flughafen kennt, nur eben auf Rädern. In der Arbeitskabine am Bildschirm sieht man, was die Rumänen eingepackt haben: Gummistiefel, Essbesteck, Töpfe, Laptops, Tassen, Kissen, Konservengläser, einen ganzen Fernseher. Sie scheinen sich am Ziel für länger einrichten zu wollen.

Der Scanner ist Gold wert, sagen die Beamten. Voriges Jahr hatten sie mal einen Transporter, der hatte Tischplatten geladen. Mit dem Gerät kam man dahinter, dass die Platten mit Zigarettenpäckchen ausgestopft waren. Bei den Koffern der Rumänen scheint alles in Butter. Doch halt! Da ist so ein merkwürdiges Muster im Röntgenbild. Muster? Zu sehen ist nur ein großer Einheitsbrei in orange. „Wenn du solchen Brei schon mal gesehen hast“, sagt der Zöllner am Apparat, „dann weißt Du, dass es auch was anderes sein kann.“

Er soll recht behalten. Als die Kombination für das Zahlenschloss am verdächtigen Koffer herbeitelefoniert ist – die Besitzerin ist per Flugzeug vorausgereist – kommen vier Stangen Zigaretten zum Vorschein. Eigentlich legal im Rahmen der Freimenge. Pech für die Betroffene: Da sie selbst nicht hier ist, gilt die Sache als Versand, wofür es keine Freimenge gibt. Nachträgliche Steuer plus Zuschlag: an die sechzig Euro.

Neben dem Scan Van steht ein Gerät, in das Zollbeamte immer wieder kleine Filzstreifen stecken. Diese Streifen haben sie zuvor bei angehaltenen Fahrern über viel benutzte Gegenstände gewischt, etwa über das Display des Handys. Haften daran feinste Reste von Betäubungsmitteln – es geht um Nanogramm – merkt der Apparat das, und gibt Alarm.

So wie jetzt. Der Wischtest meldet Kokain. Er stammt aus dem Wagen zweier tschechischer Jungs. Es geht um den Beifahrer, der auf dem Weg zu seinem neuen Arbeitgeber in Freital ist. Ja, er konsumiert regelmäßig, räumt er ein. Aber so blöd, hier was zu schmuggeln, ist er nicht, sagt er. Die Beamten wollen es genau wissen, diesmal nicht mithilfe von Hightech, sondern mittels einer Hundeschnauze.

Falscher Alarm im Handschuhfach

Die Schnauze gehört Yago, einem neunjährigen Deutschen Schäferhund. Extra für ihn wird der Wagen noch mal gelüftet. So erkennt er Duftquellen besser. Zuletzt hat er zehn Gramm Crystal erschnüffelt. Keine Peanuts. Schon 0,1 Gramm reichen dem mäßigen Konsumenten für einen Trip.

Dann geht es los. Zuerst außen, an der Karosserie und den entladenen Habseligkeiten entlang, dann in den Kofferraum, dann in die Fahrgastzelle. Das Handschuhfach interessiert Yago. Aber falscher Alarm. Da ist nur Asthma-Spray drin. Der Wagen ist sauber. Yago darf sich erst mal ausruhen. Schnüffeln ist Schwerstarbeit, erst recht bei dieser Hitze. 45 Minuten Pause, entscheidet sein Herr, mindestens. Der Tag ist noch lang, und die Autoschlange auch.