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Meißen lockt Händler mit Billigmieten

Unternehmer mit einer tollen Geschäftsidee sollen im ersten Jahr monatlich nur einen Euro pro Quadratmeter zahlen.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. Da heißt es kräftig in die Pedalen treten. Holger Schmidt, Chef des gleichnamigen Einrichtungshauses schafft es vom rechtselbischen Ufer mit dem Rad gerade noch pünktlich zum Meißner Rathaus. Der große Zeiger der Uhr am Turm der Frauenkirche rückt soeben auf halb Sieben vor. Droben im großen Saal hat sich bereits eine bunte Gruppe Meißner Geschäftsleute versammelt. Immobilienmakler Andreas Breitenstein scherzt mit Stadtrat Holger Metzig (ULM). Vom Theaterplatz ist Filmpalast-Chef Alexander Malt herübergekommen.

Agenturleiter Lutz Barth von Meißen Media hat es sich auf einem der Ratsstühle bequem gemacht. Die Besucher möchten an diesem Dienstagabend hören, mit welchen neuen Ideen der Einzelhandel in der Stadt gefördert werden soll. Stadtmarketing-Chef Christian Friedel und Wirtschaftsförderer Martin Schuster haben angekündigt, den Ideen- und Existenzgründerwettbewerb „Startschuss“ vorzustellen.

Läden sollten öffnen dürfen, wenn die Stadt voller Besucher ist.

Warum Meißens Handel Hilfe braucht, macht Gewerbevereinschef Uwe Reichel ungewohnt deutlich klar. „Was zu Hause bequem am Computer eingekauft werden kann, erwerben die Kunden auch dort“, sagt er. Der Wandel vom Ladengeschäft zum Internethandel lasse sich nicht aufhalten. Die Folge ist laut Immobilienmarktbericht 2016 ein Leerstand von rund zwölf Prozent bei Verkaufsflächen in der Altstadt. Uwe Reichel spricht von einer „gefühlt hohen Quote.“

Statt auf den bloßen Verkauf von Waren zu setzen, müsse Meißen seinen Gästen künftig mehr noch als bisher ein Einkaufserlebnis bieten, so der Gewerbevereinschef. Die Läden sollten an den Tagen zusätzlich öffnen dürfen, an denen die Stadt voller Menschen ist. Sowohl der Pfingstsonntag als auch der Pfingstmontag seien mit dem Töpfermarkt als Besuchermagneten verschenkte Tage gewesen. Als einen Ausgleich soll Reichel zufolge der 30. Dezember dieses Jahr erstmals als verkaufsoffener Sonntag getestet werden.

Zudem verweist Reichel auf weitere Bestandteile des Hilfspakets, wie das jüngst auf Antrag der CDU-Stadtratsfraktion beschlossene Aussetzen der Gebühren für Terrassenplätze und Waren-Stellflächen im Freien. Die Gewerbetreibenden ruft er auf, zusätzlich zu großen Aktionen wie der Modenacht selbst für kleine Attraktionen wie gute Straßenmusiker zu sorgen.

Expertenjury ermittelt die Gewinner des Ansiedler-Wettbewerbs.

Moderator Andreas Krause vom Gewerbeverein kündigt Wirtschaftsförderer Martin Schuster und Stadtmarketingchef Christian Friedel scherzhaft als die Stars des Abends an. Mit einem Wettbewerb wollen sie Unternehmer mit pfiffigen Konzepten in die Stadt locken. Händler, Wirte und Dienstleister sind gleichermaßen angesprochen, gleich ob sie Gründer sind oder ein weiteres Geschäft eröffnen möchten. Einzige Bedingung: Die Bewerber müssen ihre Geschäftsidee bis zum 31. Dezember schriftlich im Rathaus einreichen. „In den nächsten Monaten werden wir überregional für den Wettbewerb werben, um möglichst viele Interessenten zu erreichen“, so Christian Friedel.

Anfang 2019 soll eine Expertenjury aus Bankern, Beratern und Vertretern von Verbänden die Projekte auf Zukunftsfähigkeit, Originalität sowie Erfolgsaussicht überprüft. Zudem werden persönliche Gespräche geführt. Anschließend wird ein Gewinner gekürt oder auch mehrere. „Wie viele Geschäftsideen eine Förderung erhalten und wie viele Teilnehmer entsprechend einen Betrieb neu eröffnen, hängt von der Qualität der eingereichten Konzepte ab“, so Martin Schuster. Allen Gewinnern winkt ein passendes Ladengeschäft zur monatlichen Miete von einem Euro pro Quadratmeter im ersten Jahr. Der Sieger erhält ein umfangreiches Paket an Leistungen im Wert von 4 000 Euro obendrauf.

Sebnitz versucht es mit einer hohen Prämie für alle Neugründer.

Meißen steht mit seinem „Startschuss“ nicht allein. Viele sächsische Städte diskutieren über solche Modelle. Gründer, die einen Laden in Sebnitz neu eröffnen oder ein Geschäft übernehmen, können je nach Ladenflächen bis zu 10 000 Euro Starthilfe erhalten. Für zwei Jahre gilt dies als zinsloses Darlehen, wer darüber hinaus durchhält, muss nichts zurückzahlen. Dieses sachsenweit einmalige Förderprogramm zur Rettung des Innenstadthandels läuft seit Anfang Februar. Ein Rechtsanspruch auf die Förderung besteht indes nicht. Die Stadt will über jeden Antrag einzeln entscheiden. Was zählt, ist das passende Konzept. Das Sortiment sollte eine sinnvolle Ergänzung zu den bestehenden Läden sein.

Bewerber können ihre Unterlagen bis zum 31. Dezember mit dem Betreff „Startschuss“ per E-Mail senden an: [email protected]

Oder auf dem Postweg an: Stadt Meißen, Wirtschaftsförderung, Markt 1, 01662 Meißen