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Masterplan für Königshainer Tunnel

Der Brandschutz in der Unterführung der A 4 macht Schwierigkeiten. Die Behörden gehen die Probleme an – mit Folgen vor allem für die Feuerwehren im Umland.

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© Rolf Ullmann

Von Frank-Uwe Michel

Zu wenig Leute, teures Material, veraltete Technik – die Aufrechterhaltung des Brandschutzes im A-4-Tunnel Königshainer Berge wird immer schwieriger. Die Zeit drängt, denn die Verkehrsdichte nimmt perspektivisch weiter zu. Und damit auch die Gefahr von Zwischenfällen. Die SZ erklärt, welche Probleme es gibt und wie sie gelöst werden können.

Feuerwehren weiterer Orte werden mit einbezogen

Laut Hans Richter, dem Leiter Brand- und Katastrophenschutz sowie Rettungswesen im Landkreis, müssen die Freiwilligen Feuerwehren Kodersdorf und Waldhufen für den Tunneleinsatz rund um die Uhr mit jeweils 23 Kameraden einsatzfähig sein. Das ist durch die beiden Orte nicht abzudecken. Auch die Heranführung der Technik gestaltet sich im Einsatzfall in den vorgeschriebenen 15 Minuten wegen der oft fehlenden Rettungsgasse schwierig. Eine Verbesserung der Personallage erhofft man sich durch die Ausweitung der Einzugsgebiete. So sollen im Bereich Kodersdorf künftig auch die Wehren aus Horka, Särichen und Niesky mit herangezogen werden. Im Bereich Waldhufen betrifft das die Wehren von Schöpstal, Reichenbach, Vierkirchen und Görlitz. Richter: „Die betreffenden Feuerwehren, das Landratsamt und die Landesfeuerwehrschule bilden dazu eine Arbeitsgruppe. Das ist ein Prozess, den wir jetzt angestoßen haben. Die Kameraden müssen für den Einsatz im Tunnel ausgebildet und ausgestattet werden. Funktioniert das nicht, müssen wir neu überlegen.“

Unterschiedliche Aufgaben der Wehren bei der Brandbekämpfung

Die Feuerwehren der verschiedenen Orte sollen unterschiedliche Aufgaben zugeteilt bekommen – je nach Nähe ihres Standortes zum Tunnel. Die Kameraden aus Kodersdorf und Waldhufen müssen die Erstbrandbekämpfung durchführen, die von weiter entfernt liegenden Orten anrückenden Kameraden sollen Folgeaufgaben übernehmen. Immerhin braucht die Görlitzer Berufsfeuerwehr rund 30 Minuten, ehe sie am Einsatzort zu erwarten ist.

Tunnelfeuerwehren müssen neue Einsatztechnik bekommen

Die jetzt im Einsatz befindliche Technik wurde 1999 zur Inbetriebnahme des Autobahntunnels Königshainer Berge angeschafft und ist nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Deshalb steht in den nächsten Jahren eine komplette Neubeschaffung an. Laut Hans Richter hat es zu erhöhten Fördersätzen für den Kauf der Spezialfahrzeuge bereits Gespräche mit dem Freistaat gegeben. Die Ergebnisse daraus müssten nun „in trockene Tücher“ gepackt werden.

Die Sanierung des Tunnels spielt für den Brandschutz eine wichtige Rolle

Nach Angaben von Dieter Peschel, dem Leiter des Hoch- und Tiefbauamtes im Landkreis, muss es ein Zusammenspiel von operativem und baulichem Brandschutz geben. Beide Komponenten seien zu optimieren und müssten in neuen Einsatzdokumenten münden, die niedergeschrieben werden und zu üben sind, fordert der Fachmann. Es gehe aber auch um den Systemerhalt im Tunnel. Besonders wichtige Bauteile – wie die Lüfter – müssten im Notfall noch einige Zeit funktionieren. Dies sei ein Problem, über das deutschlandweit nachgedacht werden müsse. Die in Regie des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) vorzubereitende Tunnelsanierung sei für die Verbesserung des Brandschutzes deshalb unverzichtbar.

Sanierungsbeginn im Tunnel erst nach Abschluss zweier Straßenbauprojekte

Am 15. Dezember gab es einen Termin beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr, an dem Experten des Landratsamtes und die Bürgermeister von Kodersdorf und Waldhufen teilnahmen. Zuvor hatte sich das Lasuv bereits letzte Informationen aus dem Bundesverkehrsministerium geholt. Fest steht nun: Bevor mit den Bauarbeiten im Tunnel begonnen wird, müssen zwei andere Vorhaben abgeschlossen sein. Dies ist zum einen die Neugestaltung der Jänkendorfer Kreuzung bei Niesky, an der B 115 und S 122 zusammentreffen. Und zum anderen der Bau der Straßenbrücke im Zuge der B 115 über die Gleise der Niederschlesien-Magistrale bei Niesky. Da sich das zweite Projekt bis weit ins Jahr 2019 hinziehen kann, geht man im Lasuv von einem Tunnel-Baubeginn 2020 aus. Zuvor seien lediglich kleinere Vorarbeiten möglich, erfuhren die Teilnehmer des Termins in Dresden.

Umleitungsstrecken müssen ergänzt und neu ausgewiesen werden

Aktuell ist es so, dass bei Problemen im Tunnel die Strecke über Nieder Seifersdorf und Niesky als Ausweichvariante ausgewiesen wird, weil laut Amtsleiter Dieter Peschel nur sie planfestgestellt ist. In Zukunft wird es deshalb darauf ankommen, auch die Strecke über B 6 und Weißenberg verstärkt in das Umleitungsregime mit einzubeziehen und so zu regeln, dass der Verkehr weiträumig am Tunnel vorbei geleitet wird. Gefordert werden zeitige Hinweise an den Autobahnen und Bundesstraßen. Für den Brandschutz bedeutet die Tunnelsanierung eine extreme Herausforderung. Richter und Peschel unisono: „Das wird spannend.“ Man müsse sich aber darauf einstellen und immer wieder nachjustieren.

Höhere Verkehrsdichte erfordert komplexere Lösungen

Da die Experten auch den baulichen Brandschutz in diese Problematik mit einbeziehen, muss die Angelegenheit möglicherweise noch komplexer gedacht werden. Aktuell passieren im Durchschnitt 35 000 Fahrzeuge täglich den Tunnel Königshainer Berge, in Spitzenzeiten sind es sogar bis zu 43 000. Bei der Tunneleinweihung im Jahre 1999 waren es gerade einmal 2 000. Perspektivisch rechnet man mit einer weiteren Steigerung der Verkehrsdichte. Vor allem dann, wenn die Lücken der neuen B 178a zwischen Zittau und Oderwitz sowie bei Weißenberg geschlossen sind und sich der Verkehr aus Richtung Tschechien nach Berlin und Polen Bahn bricht. Andererseits aber auch dann, wenn die Ansiedlung der chinesischen Elektromobilbauer in Rothenburg tatsächlich stattfindet. In den nächsten Wochen soll dazu eine Entscheidung fallen. Ortsumfahrungen um Kodersdorf und den Rothenburger Ortsteil Nieder Neundorf dürften dann nicht mehr nur im Gespräch sein, sondern absolut notwendig werden. Der dazu erforderliche Gedankenaustausch zwischen dem sächsischen Wirtschaftsministerium, dem Görlitzer Landratsamt und den Gemeinden ist bereits im Gange.

Ministerpräsident Kretschmer könnte neuen Schwung in die Sache bringen

Viel. Zumindest hoffen die Verantwortungsträger im Kreis und den betroffenen Gemeinden, dass der Neue im Amt des sächsischen Ministerpräsidenten die Kenntnis über seine Heimatregion dazu nutzt, entscheidende Verkehrsinfrastrukturprojekte in Gang zu bringen oder zu
beschleunigen. Immerhin laufen die Diskussionen um eine Verbesserung der Situation im Tunnel seit dem Brand im Jahre 2013. Als Erstes wird 2018 mit einer Verkehrsflussuntersuchung im Freistaat gerechnet, die belastbare Daten im Hinblick auf künftige Bauprojekte und damit auch zur Verbesserung des Brandschutzes bringen soll.