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Lieber retten als nur schwimmen

Auch die Rettungsschwimmer tragen Meisterschaften aus. Ihr Verband kritisiert zugleich den Mangel an Schwimmbädern.

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© dpa/Jan Woitas

Von Birgit Zimmermann

Im blauen Wasser der Leipziger Schwimmhalle liegt eine orangefarbene Puppe auf dem Grund. Sie ähnelt einem der Crash-Test-Dummies, die man aus Autozeitschriften kennt. Marten Pätzold springt ins Wasser, nimmt die Puppe fest in den Griff und schwimmt mit ihr im Schlepptau an die Oberfläche. Der 17-Jährige trainiert für die Deutschen Meisterschaften im Rettungssport, die an diesem Wochenende in Leipzig veranstaltet werden. Pätzold ist einer der besten Nachwuchs-Rettungsschwimmer in Deutschland. Bei der Junioren-EM in Irland gewann er Anfang September Silber im Team und in einer Freiwasser-Disziplin.

„Wassersport hat von Beginn an eine große Rolle in meinem Leben gespielt“, erzählt der blonde junge Mann, der in Markkleeberg bei Leipzig das Gymnasium besucht. „Das fing schon mit Babyschwimmen an. Mein Vater surft viel, da waren wir auch immer viel am Wasser.“ Zwar habe er sich auch mal im Fußball ausprobiert, „aber das war nicht so meins“, sagt er und lacht. Eine Klassenkameradin habe ihn dann zum Rettungsschwimmen gebracht.

Pätzold betreibt dafür viel Aufwand. Einmal pro Woche trainiert er das Rettungsschwimmen, viermal pro Woche kommt normales Schwimmtraining dazu. „Dann noch zwei- bis dreimal pro Woche Freiwasser“, sagt der 17-Jährige. Dafür ist er Mitglied in der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und in einem Leipziger Schwimmverein. Außerdem überlegt er, jetzt noch in einen Kanuverein einzutreten, denn auch dort lerne man wichtige Dinge für das Rettungsschwimmen. Das Jonglieren mit den Trainingszeiten in den unterschiedlichen Vereinen müsse er selbst organisieren.

Wenn man in die deutsche Spitze im Rettungssport wolle, dann müsse man das so machen, meint sein DLRG-Trainer Ralf Hirt. Er würde sich bessere Rahmenbedingungen für das Rettungsschwimmen wünschen. Die Bundestrainerin habe die Devise ausgegeben, dass Rettungsschwimmen auf dem Niveau Leistungssport sei. „Aber wenn ich gute Leute habe, versuche ich, sie links und rechts an Schwimmvereine zu verkaufen, damit die auf ihre Wasserkilometer kommen“, sagt Hirt. Nur so sei Training unter Leistungsbedingungen möglich.

Nicht zufällig beklagt die DLRG einen Mangel an Schwimmbädern vor allem im ländlichen Raum. Die Meisterschaften sollen schließlich auch dazu dienen, junge Leute für den ehrenamtlichen Rettungseinsatz an Küsten und Binnengewässern zu begeistern. Es gebe zunehmend Probleme, Kindern Schwimmunterricht geben zu können, sagte DLRG-Präsident Achim Haag – ein Viertel der Grundschulen in Deutschland habe keinen Zugang zu einem Schwimmbad. In Kommunen fehle oft das Geld, ältere Schwimmbäder zu modernisieren. Stattdessen würden sie geschlossen, kritisierte Haag. Zudem sähen sich manche Kommunen vom Betrieb einer Schwimmhalle finanziell überfordert. Schwimmbäder seien Daseinsvorsorge, mahnte der DLRG-Präsident. „Und Daseinsvorsorge ist in der Regel nicht kostendeckend.“

Zu den Deutschen Meisterschaften werden laut DLRG rund 1 200 Athleten erwartet. Das seien Freizeitsportler, keine Profis, betont DLRG-Präsident Achim Haag. „Der Unterschied zum Schwimmsport ist ein deutlicher: Die Schwimmer trainieren nur für sich. Die Rettungsschwimmer trainieren ihre Fitness, um anderen helfen zu können, und messen sich dann im Wettkampf.“ Haag sagt allerdings auch, dass die Professionalisierung im Rettungssport voranschreite. In Kanada und den USA werde er inzwischen „profi-like“ betrieben.

Marten Pätzold bescheinigt sein Trainer in Leipzig, das Schwimmen „einfach im Gefühl“ zu haben. Wenn er früher in einen normalen Schwimmverein gegangen wäre, wäre er einer gewesen, der auch im DSV vorne mitschwimmt, sagt Hirt. Marten selbst sagt allerdings, er sei sich nicht sicher, ob er das überhaupt gewollt hätte. „Das ist eben doch nur stur hin- und herschwimmen. Rettungsschwimmen bietet da mehr Möglichkeiten.“

Bei den Meisterschaften tritt er in vier Disziplinen an. Trotz seines Erfolgs bei der Junioren-EM ist Pätzold höchstens verhalten optimistisch für die DM. „In 50 Meter Retten könnte was gehen“, sagt der 1,93 Meter große Schwimmer. Ein Platz unter den Top Ten wäre schon ein Erfolg. (dpa)