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„Kommt ihr Pack, es ist wieder offen“

Ein Meißner hetzt gegen Ausländer und droht einem Mann, dass er Verräter wie ihn einfach umlegen würde.

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© Jacek Bednarczyk/dpa

Von Jürgen Müller

Der Mann aus Nordrhein-Westfalen möchte vor Gericht und in Gegenwart des Angeklagten seine Adresse nicht nennen. Das ist verständlich. Der 44-Jährige gehörte einst der rechten Szene an. Doch schon vor 20 Jahren ist er ausgestiegen. „Ich war mit den Methoden nicht einverstanden. Die Szene wurde immer gewalttätiger, driftete in Richtung des Dritten Reiches ab“, sagt er. Seitdem wird er von den Rechten als „Verräter“ bezeichnet, hatte schon des Öfteren ungebetenen Besuch, sagt er. Auch sein Auto sei schon beschädigt worden. Mittlerweile engagiert er sich gegen Rechts. Und hat deshalb auch einen Meißner angezeigt wegen Posts auf einer Facebook-Seite, zunächst wegen einer Beleidigung und Bedrohung. „Leute wie dich lege ich einfach um“, soll ihm der 47-jährige Meißner gedroht haben. Später postet der Angeklagte auf der Seite „Kornblume rechts – deutsch-österreichische Patrioten“ ein Foto vom Eingang des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz. Statt des Schriftzuges „Arbeit macht frei“ steht über dem Eingang „Asylantenheim“ und dazu der Kommentar: „Kommt ihr Pack, es ist wieder offen.“ In einem anderen Fall sind Wehrmachtssoldaten zu sehen, die an eine Tür klopfen: Bildunterschrift: „Antifa – Besuch ist da.“

Das bringt ihm einen Strafbefehl wegen Volksverhetzung, Bedrohung und Beleidigung ein. Er soll eine Geldstrafe von 2 250 Euro zahlen. Damit ist er nicht einverstanden, er geht in Einspruch. Nun wird die Sache vor dem Meißner Amtsgericht verhandelt.

Der Angeklagte will sich nicht zu den Vorwürfen äußern. Bei der Polizei hatte der gelernte Koch, der zuletzt bei einem Sicherheitsdienst als Wachmann arbeitete, noch Angaben gemacht. Die Vernehmung gestaltete sich freilich schwierig, wie eine Polizistin sagt. Der Mann, der arbeitslos ist und gelegentlich als Türsteher jobbt, hatte sich sehr stark parfümiert. Wahrscheinlich, um seine „Alkoholfahne“ zu vertuschen. Doch die Polizistin hat ein feines Näschen, bricht die Vernehmung ab, vereinbart einen neuen Termin. Da ist er nüchtern und gibt die Taten im Grund auch zu. Eine Bedrohung sieht er aber nicht. Was er geschrieben habe, sei eine reine „Meinungsäußerung‘“ gewesen, hatte er zu Protokoll gegeben. Ob er das Auschwitz-Foto gepostet habe, wisse er nicht mehr so genau, schließlich sei er bei Facebook des Öfteren gesperrt. Allerdings hatte er auf seiner Seite nicht nur ein Foto von sich eingestellt, sondern Details aus seiner Familie veröffentlicht, die nur er wissen konnte. Für die Ermittler ist eindeutig, nicht zuletzt durch Abgleich mit einem Foto aus dem Melderegister, dass der Angeklagte derjenige ist, dessen Foto auf der Seite zu sehen ist. Die Seite der rechtsextremen Gruppe, die rund 13 000 Mitglieder hatte, wurde mittlerweile von Facebook gelöscht.

Verteidiger Carl Christian Roß bemängelt, dass die Polizei die IP-Adresse nicht überprüft habe. So sei überhaupt nicht nachweisbar, ob sein Mandant die Posts abgesetzt habe. Er fordert Freispruch.

Staatsanwalt Dieter Kiecke und Richterin Ute Wehner sehen das ganz anders. Der Meißner wird zu einer Geldstrafe von 3 000 Euro verurteilt, also noch mal 750 Euro mehr als im Strafbefehl. Mit den 150 Tagessätzen zu 20 Euro gilt er als vorbestraft, die Strafe wird ins Führungszeugnis eingetragen. Da wird es schwierig für den Mann, erneut einen Job bei einem Sicherheitsdienst zu finden.