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„Klärung“ per Faustrecht

Zwei Radebeuler sollen einen Mann übel zugerichtet haben. Ein Umstand schützt sie möglicherweise vor einer noch härteren Strafe.

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© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Radebeul. Die beiden Radebeuler müssen ja zwei ganz brutale Schläger sein. Dieser Eindruck drängt sich auf, als der Staatsanwalt die Anklage verliest. Die 41 und 29 Jahre alten Männer sollen einen anderen in dessen Wohnung brutal verprügelt und gewürgt haben. Sie hätten den Mann aufs Bett geworfen, abwechselnd geschlagen und gewürgt. Etwa zwei Stunden später seien sie noch einmal in der Wohnung des Geschädigten aufgetaucht. Jetzt sollen sie den Mann auf eine Holzbank gedrückt und gewürgt haben, bis er keine Luft mehr bekam. Der Mann habe Todesangst gehabt, so der Staatsanwalt. Insgesamt 20 Mal hätten die beiden Angeklagten den Geschädigten mit der Faust auf den Kopf geschlagen. Danach hätten sie ihm gesagt, er solle seine Wohnung aufräumen und „die Füße stillhalten“, was heißt, nicht die Polizei zu rufen. Auch ein Handy soll einer der Männer aus der Wohnung entwendet haben.

Die Angeklagten räumen die Vorwürfe zumindest teilweise ein. Man habe etwas „klären“ wollen. Der Geschädigte habe dem Älteren der beiden Angeklagten eine Nachricht geschrieben, in der es diesen als „feiges Schwein“ bezeichnet habe. Das Handy, das einer der beiden mitnahm, habe der Freundin des Geschädigten gehört. Dieser habe schon des Öfteren Gegenstände von ihr verkauft. Man habe es ihr zurückbringen wollen. Die Faustschläge geben die beiden zu, es seien aber nur jeweils fünf gewesen.

Als sie wieder zu Hause gewesen seien, sei ihnen bewusst geworden, dass sie Mist gebaut hätten. „Uns wurde klar, dass wir einen großen Fehler gemacht haben. Wir wollten uns entschuldigen“, sagt der 29-Jährige. Deshalb seien sie noch einmal in die Wohnung des Geschädigten zurückkehrt, hätten Bier mitgenommen, mit dem Mann in Ruhe reden wollen. Zehn Minuten lang habe das auch geklappt, dann sei der Mann ausgerastet, habe den Küchentisch umgeworfen und eine Schranktür abgerissen. „Da hat er eine geklatscht bekommen mit der flachen Hand“, sagt der Jüngere der beiden Angeklagten. Weitere Schläge habe es beim zweiten Mal nicht gegeben, versichern beide. Ob das wirklich so war, kann nicht überprüft werden. Denn der Mann, welcher verprügelt wurde, ist für längere Zeit verhandlungsunfähig, kann so nicht als Zeuge gehört werden. Beide entschuldigen sich für ihre Tat. Während der 29-Jährige ein blütenweißes Vorstrafenregister hat, saß der 41-Jährige schon mehrfach vor Gericht, wurde zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt, unter anderem wegen Nötigung und Körperverletzung. Auch damals wollte er mit der Faust „etwas klären“. Wegen gefährlicher Körperverletzung erhält er diesmal eine Haftstrafe von zehn Monaten. Diese wird für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Zudem muss er 80 gemeinnützige Arbeitsstunden leisten. Sein nicht vorbestrafter Kumpel kommt mit acht Monaten davon, muss sich nur zwei Jahre bewähren. Seine Verteidigerin spricht vom „blödesten Einfall seines Lebens“, verweist auf die Alkoholisierung ihres Mandanten. Er will vor der Tat zehn Flaschen Bier getrunken haben.

Die Angeklagten seien einsichtig, ihnen sei bewusst geworden, was sie angerichtet haben, begründet der Richter sein Urteil. Es ist wohl das Glück der Angeklagten, dass der Geschädigte nicht gehört werden konnte. Ursprünglich hatte der Richter sogar erwogen, die Sache vor dem Schöffengericht zu verhandeln. Das tritt dann zusammen, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren zu erwarten ist.