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Kirnitzschtalbahn soll verlängert werden

Ist es technisch machbar, die Strecke in beide Richtungen zu erweitern? Das soll jetzt mit einer Studie geklärt werden.

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© Daniel Schäfer

Von Gunnar Klehm

Bad Schandau/ Sebnitz. Eine mehr als hundert Jahre alte Idee wollen jetzt die Kommunen Bad Schandau, Sebnitz und Rathmannsdorf aufgreifen. Es geht um die Verlängerung der historischen Kirnitzschtalbahn. Seit 1898 fahren die Züge zwischen Bad Schandau und Lichtenhainer Wasserfall hin und her. Nun ist geplant, die Schienenstränge an dem einen Ende bis zur Neumannmühle fortzuführen und am anderen bis zum Bahnhof Bad Schandau. Ein Grundsatzbeschluss dazu soll am Mittwoch in der Sitzung des Stadtrats in Bad Schandau gefasst werden. Auch in der Stadt Sebnitz und der Gemeinde Rathmannsdorf stehen gleichlautende Beschlüsse an.

© Grafik: SZ

Betreiber der Kirnitzschtalbahn ist die Oberelbische Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz (OVPS). Deren Geschäftsführer, Uwe Thiele, kann der Idee einiges abgewinnen. Mit einem besseren Angebot im Personennahverkehr könnte man womöglich Autofahrer zum Umsteigen bewegen. Außerdem könnte eine Straßenbahn dreimal so viele Besucher transportieren wie die jetzt eingesetzten Busse. Ein elektrischer Antrieb sollte energetisch günstiger sein und würde Abgase reduzieren, was gerade im Nationalpark von Bedeutung ist.

In der Arbeitsgruppe Kirnitzschtal ist das Vorhaben schon einmal besprochen worden. Zu der Gruppe gehören neben den Städten Sebnitz und Bad Schandau auch die OVPS, der Mobilitätsmanager der Region und weitere Akteure.

Gebaut für Touristen

1870 kamen erstmals Pläne für eine Pferdebahn ins Kirnitzschtal auf, um den Tourismus zu beleben.

1894 stimmte der Schandauer Stadtrat dem Bau einer motorisierten Straßenbahn zu.

1898 wurde die rund acht Kilometer lange Schienenstrecke am 27. Mai feierlich eröffnet.

1927 brannte in der Nacht zum 27. Juli das Depot und vernichtete alle Fahrzeuge. Vierzehn Tage später wurde der Verkehr mit Wagen der Lößnitzbahn wieder aufgenommen.

1969 wurde die Strecke in Bad Schandau zum Kurpark verkürzt.

1973 wurde nach einem Frontalzusammenstoß zweier Bahnen auf der eingleisigen Strecke das sogenannte Stabsystem eingeführt. An einer Ausweichstelle übergibt der eine Fahrer einen Stab an den entgegenkommenden. Nur mit dem Stab darf der Abschnitt befahren werden.

1986 bis 1990 wurde die Strecke umfassend saniert.

2010 wurden Fuhrpark und Strecke bei einem Hochwasser der Kirnitzsch beschädigt. Erst im Advent 2012 war die Strecke wieder komplett befahrbar. (SZ)

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Die Idee der Anbindung der Kirnitzschtalbahn an den Bahnhof Bad Schandau auf der anderen Elbseite ist nicht neu, es gibt sie schon seit der Planung der Strecke Ende des 19. Jahrhunderts. Damals kam die kühne Vorstellung einer Ringbahn auf. Vom Bahnhof Bad Schandau kommend sollte es durchs Kirnitzschtal bis hoch nach Hinterdittersbach an der Grenze zu Böhmen gehen und dort über Mezni Louka (Rainwiese) und Hrensko (Herrnskretschen) an der Elbe zurück nach Bad Schandau. Weil sich das über die dafür gegründete Aktiengesellschaft aber nicht finanzieren ließ, blieb es bei der heutigen, etwa acht Kilometer langen Strecke.

Jedenfalls fast. Bis in die 1960er-Jahre hinein lenkte die Bahn in Bad Schandau nicht im Kurpark um, sondern fuhr weiter bis zum Hotel Lindenhof und rangierte auf der heutigen Bundesstraße. Die geringe Verkehrsbelastung ließ das einst zu. Mit Öffnung des Grenzübergangs in Schmilka änderte sich das aber schlagartig. Die Gleise wurden bis zum Kurpark zurückgebaut.

Alte Pläne in Archiven

Die damals ins Gespräch gebrachte Ringbahn ist zwar weiterhin eine unbezahlbare Utopie, eine stückweise Erweiterung will man aber jetzt ernsthaft prüfen. Es sei denn, die Beteiligten lehnen ab. Alle drei Kommunen sind aber durchaus angetan von der Idee und wollen das nun mit einem Grundsatzbeschluss bestätigen. Das dürfte kaum problematisch werden, schließlich hat dieser Beschluss keine finanziellen Folgen. Den Bau und die Planung beauftragen müsste die OVPS. „Wenn sich die Kommunen einig sind, werde ich das im Aufsichtsrat der OVPS vortragen“, erklärt Thiele. Auch dort gibt es Fürsprecher, schließlich ist Mike Ruckh, der Bürgermeister von Sebnitz, Vorsitzender des Aufsichtsrats. Für den Sebnitzer Stadtrat hat er bereits eine Beschlussvorlage vorbereitet.

Sollte alles positiv ausgehen, könnte sich Thiele vorstellen, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Das müsste allerdings mit Fördermitteln flankiert werden, denn eine solche Studie für die kleinste Straßenbahnstrecke in Sachsen könnte je nach Umfang bis zu 100 000 Euro kosten.

Die OVPS würde zunächst nur die technische Machbarkeit prüfen lassen. Das beträfe zum Beispiel mögliche Streckenführungen, Steigungen oder Kurvenradien. Dazu würde dann auch noch einmal in den Archiven nach alten Plänen aus der Anfangszeit der Kirnitzschtalbahn geforscht werden. Die eigentliche Bauplanung oder gar eine Kostenschätzung müssten in einem weiteren Schritt folgen.

OVPS-Geschäftsführer Uwe Thiele geht davon aus, dass für ein genehmigungsfähiges Projekt ein Planfeststellungsbeschluss nötig ist. Er rechnet mit einem Planungsverfahren, das mindestens fünf bis sechs Jahre dauern wird.

Stadtrat Bad Schandau, 20. Juni, 19 Uhr, Ratssaal, Rathaus, Dresdner Straße 3.