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Kirchen in Sachsen sollen nicht verkauft werden

Die Kirche darf in keiner Ortschaft fehlen. Die evangelische Landeskirche will, dass auch künftig jede Kirche noch eine Kirche ist, auch wenn die Gemeinden immer kleiner werden.

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© Peter Endig/dpa

Dresden. Mit Glockenläuten rufen die Kirchen sonntags zum Gottesdienst: Auch wenn die Gemeinden weiter schrumpfen, sollen die Gotteshäuser in Sachsen als solche weitgehend erhalten bleiben. „Wir wollen die Kirchen im Dorf lassen“, sagt der Pressesprecher des Evangelisch-Lutherisches Landeskirchenamtes Sachsens, Matthias Oelke, in Dresden. Aktuell gebe es keine Kirche, die zum Verkauf stehe. Seinen Angaben zufolge gibt es in Sachsen 1600 evangelische Kirchen und Kapellen. Davon würden 1222 für Gottesdienste genutzt. Weitere mehr als 300 seien Friedhofskapellen oder Gemeindezentren.

„Dass Kirchen nicht genutzt werden, ist uns nicht bekannt“, sagt Oelke. Allerdings gebe es vor allem auf dem Land nicht mehr jeden Sonntag in jeder Kirche einen Gottesdienst.

Von den mehr als 1200 Kirchen wird laut Oelke im Durchschnitt etwa alle zwei Jahre eine abgegeben oder entwidmet. „Das liegt im Promille-Bereich. Wer will auch eine unter Denkmalschutz stehende Kirche kaufen?“ In den vergangenen 30 Jahren seien mehr Kirchen oder Gemeindezentren und -häuser gebaut worden als abgegeben wurden. Ein Grund: Es gab Nachholbedarf. Während der DDR-Zeit seien - anders als im Westen - kaum neue Kirchen entstanden. Die Ausnahme war ein Sonderbauprogramm in Neubaugebieten in den 70er Jahren.

Oelke zufolge sind seit 1991/92 etwa eine Milliarde Euro in die Sanierung von Kirchenbauten gesteckt worden. Der Bedarf der nächsten 15 Jahren werde auf mehr als 500 Millionen Euro geschätzt. „Die meisten Kirchen sind in einem so guten Zustand, wie sie es seit mehr als 100 Jahren nicht waren“, sagt er. Künftig werde es jedoch schwieriger, die Finanzierung zu schultern. Wenn einer Kirche der Verfall drohe, bilde sich aber oft recht schnell ein Verein oder eine rührige Initiative, um die Sanierung zu unterstützen.

In wenigen Fällen wurden jedoch auch Gotteshäuser abgegeben oder umgenutzt. In Heidenau bei Dresden etwa wurde vor gut drei Jahren die Lutherkirche verkauft und zu einem Wohnhaus umgebaut. Das sei aber ein Gebäude gewesen, das nach dem Krieg als Notkirche diente und dann als Zweitkirche genutzt wurde, erklärt Oelke. Die Petri-Kirche in der Dresdner Neustadt wurde an die Gemeinschaft der Alt-Lutheraner abgegeben. „Sonst ist die Abgabe von Kirchen in der Großstadt fast gar nicht zu verzeichnen.“

Die Ausnahme hier ist die mehr als 100 Jahre alte Philippuskirche in Leipzig. Nachdem dort schon mehr als 10 Jahr keine Gottesdienste mehr gefeiert wurden, übertrugen Landeskirche und Kirchgemeinden das Gebäudeensemble mit Pfarrhaus 2012 der BBW-Leipzig-Unternehmensgruppe, die Menschen mit Behinderung ausbildet und beschäftigt. Das Pfarrhaus wurde im vergangenen Mai als Hotel mit Catering eröffnet, die Kirche soll Mai nächsten Jahres fertig werden, als „Tagungsraum der besonderen Art“, wie Hotelchefin Alicia Mellado sagt. Dieser könne als Kirche, für Veranstaltungen oder Tagungen genutzt werden, auch für Taufen, Konfirmationen oder Hochzeiten. „Wir haben schon viele Anmeldungen. Die Menschen können hier heiraten, feiern und übernachten.“ Jeder zweite der 14 Mitarbeiter ist behindert.

Typische Kandidaten für eine Umwidmung waren Zweit- und Drittkirchen in Klein- und Mittelstädten, meist Klosterkirchen wie das Sakralmuseum Stankt Annen in Kamenz, wo Kunst des Mittelalters und der Renaissance gezeigt wird oder die Klosterkirche in Zittau.

Im sächsischen Teil des Bistums Dresden-Meißen gibt es eigenen Angaben zufolge 157 aktive katholische Kirchen. „Bislang wurden neun Kirchen profaniert und die Gebäude verkauft, weil die Gemeinden immer kleiner werden und der bauliche Zustand der Gebäude es erfordert“, sagt Elisabeth Meuser vom Ordinariat. Das betrifft im vor allem Bauten aus der Zeit von 1945 bis 1965 und die alte Leipziger Propstei. Am 9. Mai 2015 wurde die neue Propsteikirche Sankt Trinitatis geweiht. Es war der größte Kirchenneubau im Osten seit der Revolution 1989.

Aktuell stehen laut Meuser keine Kirchen zum Verkauf. Die meisten in der Vergangenheit verkauften ehemaligen Kirchengebäude seien zu Wohnungen ausgebaut worden, die alte Leipziger Propstei werde vom neuen Eigentümer abgerissen. Ob wegen weiter sinkenden Mitgliederzahlen in den nächsten Jahren eventuell weitere Kirchen aufgegeben werden müssten, lasse sich zum jetzigen noch nicht absehen, sagt sie. (dpa)