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Keine Kitaplätze für Flüchtlinge

Viele Asylsuchende haben kleine Kinder. Doch die gehen sehr selten in den Kindergarten. Warum?

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© Kerstin Unterstein

Bautzen. Seit mehr als einem Jahr lebt Hichem nun schon in Sachsen. Seine Eltern kamen aus Nordafrika und erhielten in Deutschland einen Duldungsstatus. Drei Jahre ist er alt. Kinder aus Bautzen gehen in diesem Alter normalerweise in eine Kita. Hichem jedoch nicht – wie die meisten Flüchtlingskinder. Von den 130 Flüchtlingskindern im Alter bis sechs Jahre, die im November im Landkreis Bautzen lebten, besuchten 45 eine Kita – also nur ein Drittel. Doch warum ist das eigentlich so?

Flüchtlingskinder können wie alle anderen ausländischen Kinder eine Kindertagesbetreuung in Anspruch nehmen – aber nicht, wenn das Asylverfahren läuft, sondern erst in zwei Fällen: Entweder sie leben nach Abschluss des Verfahrens rechtmäßig in Deutschland oder sie dürfen wegen einer ausländerrechtlichen Duldung in der Bundesrepublik bleiben. „In der Regel sind die Voraussetzungen erfüllt, wenn eine Aufenthaltsgestattung erteilt wurde und die Familie in der zugewiesenen Kommune untergebracht ist“, erklärt Franziska Snelinski vom Landratsamt Bautzen.

Dann gelten für die betroffenen Kinder ohne Einschränkungen die gleichen Rechte auf Bildung, Erziehung und Betreuung wie für inländische Kinder. Zum Beispiel haben Flüchtlingskinder, sobald sie ein Jahr alt sind, einen Rechtsanspruch auf Betreuung bis zum Schuleintritt sowie auf einen Hortplatz. Finanziert werden die Plätze wie für alle anderen Kinder durch einen Landeszuschuss, einen Gemeindeanteil, einen Eigenanteil freier Träger sowie einen Elternbeitrag. Da die Eltern der Flüchtlingskinder Letzteren in der Regel nicht tragen können, übernimmt ihn das Jugendamt.

Warum aber machen dann trotzdem so wenige Flüchtlinge von diesem Recht Gebrauch? „In den meisten Fällen hat das kulturelle Gründe“, erklärt Franziska Snelinski. So sei in den Heimatländern muslimischer Eltern üblich, Kinder in diesem Alter nicht in fremde Hände zu geben. Sie wachsen stattdessen in der Großfamilie auf. Da es für die Eltern in Deutschland schwer ist, Arbeit zu finden, und sie deshalb daheim sind, gibt es oft auch keinen praktischen Grund für einen Kita-Besuch. „Damit sie integriert werden und die deutsche Sprache lernen, bemühen wir uns aber, dass die Kinder im Vorschulalter von etwa fünf Jahren dann in die Kita gehen“, sagt Snelinski. (szo)