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Keine Handhabe gegen Intensivtäter?

Ein junger Libyer beschäftigt in Bautzen seit Jahren Polizei und Behörden. Diese hoffen nun auf einen Gerichtsentscheid.

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© dpa

Von Jana Ulbrich

Bautzen. Erst vor wenigen Tagen hat er in Bautzen wieder für Aufsehen gesorgt: Mohamed Youssef T., der sich selbst „King Abode“ nennt, hatte sich im Kornmarkt-Center eine Rangelei mit Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes geliefert. Die Sicherheitsleute hatten ihn ermahnen wollen, weil er mehrere Kunden belästigt haben soll. In Bautzens großem Einkaufszentrum hat T. seit diesem Vorfall Hausverbot. Es war dem Asylsuchenden aus Libyen auch schon einmal verboten, die Stadt Bautzen zu betreten. Weil es im letzten Sommer immer wieder Ärger mit ihm gegeben hatte, sah man sich im Rathaus veranlasst, ihm ein dreimonatiges Aufenthaltsverbot auszusprechen.

Was macht den Fall des Libyers so außergewöhnlich?

Die Polizei stuft den 22-Jährigen als Intensivtäter ein. Seit er vor dreieinhalb Jahren als Asylsuchender in den Kreis Bautzen kam, beschäftigt er regelmäßig Polizei, Gerichte und Behörden. Es hat schon mehrere Ermittlungsverfahren gegen ihn gegeben: wegen Diebstahls, wegen unerlaubten Drogenbesitzes, wegen Körperverletzung, wegen mehrerer Sachbeschädigungen, Beleidigungen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Die Öffentlichkeit erfährt nach den Krawallen auf dem Bautzener Kornmarkt Ende September 2016 von „King Abode“. Bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen jungen Flüchtlingen und rechtsgerichteten Deutschen gilt der Libyer als einer der Anführer. Bei einer Demonstration muss ihn die Polizei mit Gewalt in Gewahrsam nehmen.

Wie viele Straftaten werden dem 22-Jährigen angelastet?

Wie viele es genau sind, darüber dürfen die Behörden aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes keine Auskunft geben. Till Neumann, Sprecher der Staatsanwaltschaft Görlitz, bestätigt aber, dass T. schon mehrfach verurteilt worden ist, und dass derzeit noch mehrere Verfahren gegen ihn am Amtsgericht Bautzen und ein Verfahren am Amtsgericht Zittau anhängig sind. Ein aktueller Fall liegt zurzeit noch zur Bearbeitung bei der Staatsanwaltschaft.

Haben die Behörden keine Handhabe, den Mann in die Schranken zu weisen?

Im konkreten Fall ist das schwierig, erklären der Görlitzer Staatsanwalt Till Neumann und Bautzens Amtsgerichtsdirektor Markus Kadenbach. Bisher stand Mohamed Youssef T. immer nur für einzelne Straftaten vor Gericht. Die Urteile, zum Teil auch nach dem Jugendstrafrecht gefällt, hatten jeweils ein so geringes Strafmaß, dass T. bisher weder als vorbestraft gilt, noch unter Bewährung steht. Das könnte sich aber ändern. „Aus Gründen der Prozessökonomie“, erklärt Gerichtsdirektor Kadenbach, strebt das Gericht an, alle derzeit noch anhängigen Strafsachen gegen T. in einer Hauptverhandlung zusammenzufassen.

Was würde sich in diesem Fall für den Straftäter ändern?

Im Falle einer Verurteilung in einem zusammengefassten Verfahren würde aus allen Tatvorwürfen eine Gesamtstrafe gebildet. In einem dieser Fälle geht es auch um eine gefährliche Körperverletzung. Ob das am Ende insgesamt für eine Bewährungs- oder gar eine Gefängnisstrafe reicht, kann aber noch nicht gesagt werden. „Die Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe wäre aber sicher nicht der schlechteste Weg, um den Mann von der Begehung weiterer Taten abzuhalten“, findet Staatsanwalt Till Neumann.

Warum kommt der straffällige Asylbewerber nicht in U-Haft?

Für eine Untersuchungshaft, sagt Neumann, fehlen die Voraussetzungen. Haftbefehle können nur wegen Flucht- oder Verdunkelungsgefahr erlassen werden. Beides sei im Fall des Libyers ausgeschlossen.

Warum wird der Mann nicht einfach abgeschoben?

Weil das Asylverfahren noch läuft. Zwar hat die Ausländerbehörde seinen Asylantrag schon vor zwei Jahren abgelehnt, aber dagegen hat Mohamed Youssef T. vor dem Verwaltungsgericht in Dresden geklagt. Das Gericht hat seine Klage im vergangenen September aber abgewiesen und damit bestätigt, dass dem 22-Jährigen kein Aufenthaltsrecht in Deutschland zusteht, doch auch dieses Urteil will „King Abode“ nicht hinnehmen.

Und wie geht es jetzt in dem Fall weiter?

Die Klage liegt vor dem Oberverwaltungsgericht in Bautzen. Das muss entscheiden, ob es eine Berufung zugelassen wird. Wenn ja, wird es frühestens in einigen Monaten eine Berufungsverhandlung geben. Und auch bei einer erneuten Ablehnung seiner Klage würden dem Libyer weitere rechtliche Mittel zustehen. Solange das Verfahren läuft, kann T. als Asylsuchender im Kreis Bautzen bleiben.