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Keine Extrawurst für Veganer

Ein junges Ehepaar möchte, dass sich ihre Kinder in der Kita vegan ernähren. Bisher ging das. Doch jetzt ist Schluss.

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© Symbolbild/dpa

Von Jörg Richter

Lampertswalde. Zur Sitzung des Lampertswalder Gemeinderates im ehemaligen Brößnitzer Dorfkonsum sind diesmal ungewöhnlich viele Besucher gekommen. Das kommentierte Bürgermeister Wolfgang Hoffmann witzelnd: „Das letzte Mal, als sich hier so viele Menschen versammelt haben, muss es wohl Bananen gegeben haben.“ Damit hatte er die Lacher auf seiner Seite. Doch als es in der anschließenden Bürgerfragestunde wieder um pflanzliche Lebensmittel ging, wurde der Ton im Dorfgemeinschaftshaus ernster.

Ein junges Ehepaar hatte sich auf den Weg nach Brößnitz gemacht, um seinen Unmut über eine Entscheidung der Gemeindeverwaltung zu äußern. Bürgermeister Hoffmann hatte ihm in einem Schreiben mitgeteilt, dass es nicht mehr möglich sei, das vegane Essen für ihre Kinder in der Kita-Küche aufzuwärmen. Darüber ärgert sich das Ehepaar sehr, denn die gesamte Familie ernährt sich bewusst rein pflanzlich. Also ohne jegliche tierischen Zusätze.

Bisher schien das für die Gemeinde Lampertswalde kein Problem zu sein. In der gemeindeeigenen Kita-Küche nahm Köchin Jutta Kless das von der Mutter selbstzubereitete vegane Essen früh entgegen, stellte es in den Kühlschrank, holte es mittags heraus und wärmte es auf. Damit ist seit einiger Zeit Schluss. Das wollen die Eltern nicht hinnehmen. Im August kommt ihr drittes Kind in die Kita und müsste dann zu Mittag kalt essen. Diesen Kompromiss seien die Eltern bereits bei ihrem großen Sohn eingegangen. Doch er ist schon in der Vorschulgruppe. Für ein Krippenkind sei kaltes Mittagessen nicht akzeptabel. „Wir würden auch eine zusätzliche Ernährungspauschale bezahlen“, sagt der Vater.

„Es geht uns nicht ums Geld, sondern um die Einhaltung der hygienischen Vorschriften“, entgegnet Bürgermeister Hoffmann. Es müsse sichergestellt sein, dass das von der Mutter selbst zubereitete Essen eingefrostet bis in den Kita-Kühlschrank gelangt. Auch müsse das Essen auf mindestens 65 Grad Celsius erwärmt werden, um Salmonellengefahr auszuschließen. „Aber was ist, wenn was passiert?“ fragt auch Köchin Jutta Kless. Zur Klärung des Sachverhaltes bietet Bürgermeister Hoffmann den Eltern ein gemeinsames Gespräch im Lebensmittelüberwachungsamt des Landkreises Meißen an.

Aus dem Landratsamt heißt es, dass prinzipiell die Eltern dafür verantwortlich seien, was ihre Kinder essen sollen oder nicht. „Doch sobald das Essen in der Küche ist, übernimmt die Köchin die Verantwortung dafür“, sagt die stellvertretende Pressesprecherin Helena Musall.

Genau diesen Schuh will sich Köchin Jutta Kless nicht anziehen. „Außerdem haben wir Kinder mit Allergien, für die ich bereits extra Essen zubereite“, sagt sie. Und deren Anzahl nehme zu. Für die Köchin und ihre Mitarbeiterin, die das Essen im Kinderhaus ausgibt, sei es letztlich ein Zeitproblem.

„Eine Allergie ist eine Erkrankung. Da kann keiner etwas dafür. Dagegen ist veganes Essen eine selbst gewählte Ernährungsform“, sagt Gemeinderatsmitglied Dr. Dierk Bade. „Wenn man mit einer Ausnahme anfängt, dann wollen andere sie auch.“ Und auch der Quersaer Gemeinderat Bernd Söllner stößt ins gleiche Horn: „Wo fangen wir an, wo hören wir auf?“

Helena Musall wertet den Terminwunsch des Bürgermeisters als dessen Versuch, den Schwarzen Peter an den Landkreis weiterzugeben. Das Problem sei, ob es die Gemeinde als Träger der Kita zulässt, dass privat zubereitetes veganes Essen aufgewärmt wird. „Diese Entscheidung kann das Lebensmittelüberwachungsamt der Gemeinde nicht abnehmen“, so Musall.