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Karl May lebt

An seinem 175. Geburtstag ist der Abenteuerschriftsteller aus Radebeul so vital wie nie. Das nimmt auch kuriose Züge an.

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© Karl-May-Museum

Von Dominique Bielmeier

Radebeul. Bei Karl May beißt sich die Katze in den Schwanz: Ist es nun sein 175. Geburtstag am Sonnabend, der den großen Fantasten wieder auf die Tagesordnung gesetzt hat, oder gibt es so etwas wie ein Karl-May-Revival, das durch die Feierlichkeiten nur noch deutlicher sichtbar wird? Egal, was es ist, eines steht fest: Karl May lebt!

Die Klassiker: Ohne die Bücher aus dem Karl-May-Verlag kommt kein Shop aus.
Die Klassiker: Ohne die Bücher aus dem Karl-May-Verlag kommt kein Shop aus. © Arvid Müller
Erinnerung an den Besuch: Das Museum verkauft auch kleine Wimpel.
Erinnerung an den Besuch: Das Museum verkauft auch kleine Wimpel. © Arvid Müller
Karl May zum Trinken: Sogar Weinflaschen ziert das Gesicht des Autors.
Karl May zum Trinken: Sogar Weinflaschen ziert das Gesicht des Autors. © Arvid Müller
Prunkvolle Gefäße: Der Karl-May-Fan weiß stilvoll zu tafeln.
Prunkvolle Gefäße: Der Karl-May-Fan weiß stilvoll zu tafeln. © Arvid Müller
Spielzeug für Erwachsene: Mays Protagonisten zum Ins-Regal-Stellen
Spielzeug für Erwachsene: Mays Protagonisten zum Ins-Regal-Stellen © Arvid Müller

„Das sagen wir auch ganz gerne“, erzählt Museumschefin Claudia Kaulfuß und lächelt, allem Stress zum Trotz. Sie hetzt in diesen Tagen von einem Pressetermin zum nächsten, hier ein Anruf vom Radio, da noch ein schnelles Fotoshooting. Jeder möchte ein Stück vom Karl-May-Hype abhaben. Kaulfuß freut es, das Ziel der Karl-May-Stiftung ist es schließlich, das Erbe des Abenteuerschriftstellers, der rund 24 Jahre lang in Radebeul lebte und 1912 hier starb, zu erhalten und in die Welt zu tragen.

Im Shop der Villa Shatterhand, dem Haus, in dem May zuletzt wohnte und wo heute sein Leben und Schreiben in Museumsräumen ausgestellt ist, wird dieses „In-die-Welt-Tragen“ ganz praktisch greifbar: Hier kann sich jeder Fan ein Stück seines Idols mit nach Hause nehmen, angefangen bei den nach historischem Vorbild gebundenen Romanen aus dem Karl-May-Verlag, den es seit über 100 Jahren gibt.

May ist aber inzwischen viel mehr als „nur“ Literatur: Es gibt Trinkbecher und -kelche mit seinem Gesicht, Figuren seiner berühmten Protagonisten, Indianerschmuck für Kinder und sogar Karl-May-Wein mit dazu passenden Old-Shatterhand-Gläsern. Auf Ebay werden Erstausgaben der Romane für teilweise mehrere Hundert Euro gehandelt und die dreiteilige Neuverfilmung „Winnetou – Der Mythos lebt“ von Philipp Stölzl kam Ende Dezember ins Fernsehen. Den ersten Teil sahen mehr als fünf Millionen Menschen.

Trotzdem: Karl May wird auch immer noch gelesen. „Er ist der meistgelesene deutsche Schriftsteller“, sagt Claudia Kaulfuß. Das Museum, zu dem neben der Villa Shatterhand auch die Villa Bärenfett mit der großen Indianerausstellung gehört, hat im Schnitt jedes Jahr rund 55 000 Besucher. „Das zeigt schon, dass Karl May ein gewisses Interesse weckt“, so Kaulfuß.

Für die Museumschefin ist der Autor vor allem aktueller denn je. „Als Karl May gestorben ist, stand die Welt kurz vor dem Krieg.“ So drastisch ist die heutige Situation vielleicht noch nicht, aber die Ideale, die Karl May vor allem in seinem Spätwerk betonte, sind zurzeit besonders gefragt: Frieden, Völkerverständigung, Respekt und Toleranz – unabhängig von Hautfarbe und Religion. Und noch etwas kann Karl May, gerade auch einem jüngeren Publikum, noch heute vermitteln: Der Autor ist in ärmsten Verhältnissen geboren und aufgewachsen und durch verschiedene Umstände auf die schiefe Bahn geraten. Mehrmals saß er wegen Diebstahl und Betrug in Gefängnissen. „Aber er hat sich selbst am Schopf gepackt und wieder herausgezogen“, sagt Claudia Kaulfuß. „Er ist zu einem berühmten Schriftsteller geworden – nur aus Eigeninitiative!“

Das machte ihn schließlich auch zu einem der berühmtesten Söhne der Stadt Radebeul. Hier ist eine Straße nach ihm benannt, es gibt die Karl-May-Festtage und natürlich das Karl-May-Museum. Das soll in den nächsten Jahren erweitert und umgebaut werden. An der Meißner Straße entsteht für rund 7,2 Millionen Euro ein großer Neubau, der einmal das „Indianerland“ fassen soll, die Villa Shatterhand wird barrierefrei, alles wird noch viel interaktiver als jetzt schon. Und auch der Souvenirbereich – heute nur rund zwölf Quadratmeter groß – soll dann deutlich wachsen.

Den großen Reibach macht das Museum damit allerdings nicht. „Wir sind ja gemeinnützig und machen keine Gewinne“, erklärt Chefin Claudia Kaulfuß. Das Geld aus den Einnahmen fließt direkt wieder in die Ausstellungen. In einem Gästebuch in der Villa Shatterhand dürfen sich die Besucher verewigen. „Mich hat die Büchersammlung beeindruckt. Schade, dass wir sie nicht lesen konnten“, schreibt ein Mädchen in einem Eintrag vom 22. Februar, drei Tage vor Karl Mays 175. Geburtstag. „Die Gewehre fand ich auch voll cool.“