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Jobs hinter Gittern sind rar

Über die Hälfte der verurteilten Straftäter in Sachsen arbeitet oder macht eine Ausbildung. Sogar für einen „Gitterladen“ im Internet wird produziert.

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© dpa/Arno Burgi

Dresden. Kfz-Werkstatt, Druckerei, Tischlerei: Gut jeder zweite Strafgefangene in Sachsen hat einen Job hinter Gittern oder außerhalb der Gefängnismauern oder macht eine Ausbildung. Nach Angaben des Justizministeriums lag die Beschäftigungsquote am 1. Juli bei 55 Prozent und damit auf Vorjahresniveau. Derzeit arbeiten 1 249 der knapp 3 500 verurteilten Straftäter, meist in Eigen- und Wirtschaftsbetrieben der zehn Justizvollzugsanstalten (JVA), aber auch in 21 zertifizierten Unternehmen.

Dabei würden weitaus mehr Inhaftierte gern arbeiten, für beliebte Jobs etwa in der Küche oder Tischlereien gibt es lange Wartelisten. „Die Nachfrage übersteigt das Angebot“, erklärte ein Ministeriumssprecher. Obwohl stets auch nach interessierten Unternehmen gesucht werde, seien die Platzkapazitäten weiterhin begrenzt. Auf Entspannung hofft das Ministerium aber mit der künftigen Zweiländerhaftanstalt in Zwickau, deren Bau sich aber verzögert. „Wir gehen davon aus, dass dann alle arbeiten können, die wollen und dürfen.“

Arbeit oder berufliche Bildung helfen bei der Resozialisierung. „Im Justizvollzug wird der Alltag für arbeitende Gefangene strukturiert, Konzentration, Frustrationstoleranz und Verbindlichkeit vermittelt und trainiert“, erklärt Justizminister Sebastian Gemkow (CDU). „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Entlassener erfolgreich eine Probezeit bei einem neuen Arbeitgeber besteht, ist höher, wenn er während des Vollzugs bereits die Bewältigung eines Arbeitsalltags gewohnt war.“

Gefangene in Sachsen dürfen seit 2013 arbeiten, zuvor war das als Teil der auferlegten Strafe eine Pflicht. Nun können sie einen Beruf lernen, Erfahrung sammeln oder sich weiterbilden. Die Möglichkeiten sind vielfältig: Wirtschaftsbetriebe wie Küche oder Wäscherei dienen meist der Anstaltsversorgung, in Eigenbetrieben werden Produkte auch für den Verkauf hergestellt: Zellentüren und Fenstergitter, Stehpulte und Rollcontainer, Brotkörbe oder Acrylkunst.

Der Stundenlohn schwankt nach Ministeriumsangaben zwischen 99 Cent und 2,06 Euro, je nach Leistungsfähigkeit und Einarbeitung, die Ausbildungsbeihilfe liegt zwischen 1,23 und 1,81 Euro pro Stunde. 2017 summierte sich der Verdienst Gefangener auf rund 2,5 Millionen Euro und im ersten Halbjahr 2018 auf fast 1,45 Millionen Euro. An Ausbildungsbeihilfe wurden rund 1,48 Millionen Euro gezahlt, in den ersten sechs Monaten 2018 waren es 817 000 Euro.

Wegen des höheren Personalaufwandes ist die Arbeit im Justizvollzug nicht kostendeckend, die Ausgaben überstiegen auch 2017 die Einnahmen von 7,2 Millionen Euro. Das Geld fließt in den Landeshaushalt, wird teilweise in neue Maschinen und Fahrzeuge in den JVA-Betrieben investiert. Die Produkte aus Gefängnissen werden direkt dort, bei Veranstaltungen oder im Online-„Gitterladen“ verkauft.

Häftlinge reparieren und waschen aber auch Autos, waschen und bügeln Hemden, fertigen Stempel und Wandtattoos, gravieren Werbekulis, entfernen Graffiti, drucken Visitenkarten oder Abi-Aufgaben, bauen Carports, rechen Laub in Parks oder bauen Schaukelpferde – oder drechseln Räuchermänner und Osterhasen. (dpa)