Merken

Infinus beschäftigt Bundesgerichtshof

Im Betrugsprozess gegen den Infinus-Gründer und mehrere Ex-Manager hatte das Dresdner Landgericht hohe Freiheitsstrafen verhängt. Keiner der sechs Angeklagten will das hinnehmen.

Teilen
Folgen
© Archivbild: Arno Burgi/dpa

Dresden. Der Fall Infinus, eines der größten Wirtschaftsstrafverfahren Deutschlands, geht in die nächste Instanz und wird den Bundesgerichtshof beschäftigen. Alle sechs Angeklagten in dem Betrugsverfahren zu dem inzwischen größtenteils insolventen Dresdner Finanzdienstleister fechten das Urteil an.

Die Verurteilten im Infinus-Prozess und ihre Strafen

8 Jahre Haft: Jörg Biehl war Gründer der Infinus-Gruppe und Hauptangeklagter. Seit dem Zusammenbruch des Unternehmens sieht der Dresdner sich einer Privatinsolvenz und dreistelligen Millionenforderungen ausgesetzt.
8 Jahre Haft: Jörg Biehl war Gründer der Infinus-Gruppe und Hauptangeklagter. Seit dem Zusammenbruch des Unternehmens sieht der Dresdner sich einer Privatinsolvenz und dreistelligen Millionenforderungen ausgesetzt.
6 Jahre und 10 Monate Haft: Rudolf Ott war Vertriebsdirektor und Vorstand. Der Manager aus Ravensburg schulte ostdeutsche Vermittler für den Verkauf. Er habe, sagt er, nur mitgeholfen, aus einer „Ostbude“ eine „anerkannte Adresse“ zu formen.
6 Jahre und 10 Monate Haft: Rudolf Ott war Vertriebsdirektor und Vorstand. Der Manager aus Ravensburg schulte ostdeutsche Vermittler für den Verkauf. Er habe, sagt er, nur mitgeholfen, aus einer „Ostbude“ eine „anerkannte Adresse“ zu formen.
5 Jahre und 10 Monate Haft: Siegfried Bullin stellte sich im Prozess als Rechtsberater bei Infinus dar. Nach Ansicht der Ankläger sollte er bei der Finanzaufsicht Zweifel am Geschäftsmodell zerstreuen und sich um die vertraglichen Dinge kümmern.
5 Jahre und 10 Monate Haft: Siegfried Bullin stellte sich im Prozess als Rechtsberater bei Infinus dar. Nach Ansicht der Ankläger sollte er bei der Finanzaufsicht Zweifel am Geschäftsmodell zerstreuen und sich um die vertraglichen Dinge kümmern.
6 Jahre Haft: Prof. Kevan Kadkhodai gilt als Marketingtalent und war für die Betreuung der westdeutschen Anlagevermittler zuständig. Bei seinem Titel handelt es sich um eine Ehrenprofessur der Universität von Bischkek in Kirgisien.
6 Jahre Haft: Prof. Kevan Kadkhodai gilt als Marketingtalent und war für die Betreuung der westdeutschen Anlagevermittler zuständig. Bei seinem Titel handelt es sich um eine Ehrenprofessur der Universität von Bischkek in Kirgisien.
4 Jahre und 6 Monate Haft: Andreas Kison stammt aus Hessen. Er war Vertriebsvorstand, Gesellschafter, Geschäftsführer, Aufsichtsrat und Prokurist und nur wegen Beihilfe zum Betrug angeklagt. Die Staatsanwaltschaft zog bei ihm 2,8 Millionen Euro ein.
4 Jahre und 6 Monate Haft: Andreas Kison stammt aus Hessen. Er war Vertriebsvorstand, Gesellschafter, Geschäftsführer, Aufsichtsrat und Prokurist und nur wegen Beihilfe zum Betrug angeklagt. Die Staatsanwaltschaft zog bei ihm 2,8 Millionen Euro ein.
5 Jahre und 4 Monate Haft: Jens Pardeike ist wie Biehl gebürtiger Sachse. Er war früher Berufsoffizier bei der NVA und später als freier Finanzberater tätig. Er trat als eine Art Kronzeuge auf, berief sich im Prozess aber auf Erinnerungslücken.
5 Jahre und 4 Monate Haft: Jens Pardeike ist wie Biehl gebürtiger Sachse. Er war früher Berufsoffizier bei der NVA und später als freier Finanzberater tätig. Er trat als eine Art Kronzeuge auf, berief sich im Prozess aber auf Erinnerungslücken.

Bis Freitag gingen über die Verteidiger fünf Revisionen beim Landgericht ein, wie ein Sprecher erklärte. Und auch der Prokurist der Unternehmensgruppe hat nach Angaben seines Verteidigers Rechtsmittel eingelegt. Damit wehren sich alle Beschuldigten gegen den Richterspruch vom vergangenen Montag.

Fünf Ex-Manager der früheren Infinus-Gruppe waren des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs sowie des Kapitalanlagebetrugs schuldig gesprochen worden, der Ex-Prokurist wegen Beihilfe. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass sie ein „Schneeballsystem“ betrieben und Anleger bewusst täuschten. Sie folgten damit der Auffassung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte Freisprüche gefordert. Schon in der Schlussphase des Prozesses hatten sie von Revision gesprochen.

Der Infinus-Gründer und frühere Chef soll acht Jahre in Haft, der frühere Vertriebschef sechs Jahre und zehn Monate, der einstige Chefverkäufer sechs Jahre, der Ex-Rechtsberater fünf Jahre und zehn Monate und ein von den Richtern als „Nummer 2“ eingestufter Ex-Vorstand fünf Jahre und vier Monate. Gegen den ehemaligen Prokuristen verhängten sie viereinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Einer der Verteidiger hatte nach der Urteilsverkündung Zweifel an den Grundzügen des Verfahrens, hinsichtlich der Täuschung und des Schadens sowie der Fairness des Gerichts als Gründe für die Anfechtung genannt.

Seit November 2015 hatte die Kammer in mehr als 160 Verhandlungstagen fast 240 Zeugen aus dem In- und Ausland befragt, darunter ehemalige Infinus-Angestellte, -Vermittler, Anleger und Gutachter. Ein Hinweis der Bundesbank und der Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin hatte die Ermittlungen zu Infinus Mitte 2012 ins Rollen gebracht, gut ein Jahr später klickten dann die Handschellen. Bei einer Razzia am 5. November 2013 waren Villen, Luxuswagen und anderes Vermögen beschlagnahmt worden. Seit Herbst 2016 sind alle Beschuldigten wieder auf freiem Fuß - bei zwei Angeklagten ist der Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. (dpa)