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Illegale Tiefflieger aus Tschechien?

Die Landesdirektion hat Behörden in Prag aktiviert. Ein Hinweis geht auch in die Schweiz.

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© Hans-Jörg Schurz

Von Gunnar Klehm und Marko Förster

Sächsische Schweiz. Seit Wochen ermitteln die Behörden, um die Namen der drei Piloten rauszukriegen, die mit ihren einmotorigen Privatmaschinen am 25. September viel zu niedrig durchs Elbtal in der Sächsischen Schweiz flogen. Die Landesdirektion Sachsen hat Fotos und auch ein Video von Augenzeugen ausgewertet. Die Auswertung sämtlicher Unterlagen zum Fall sei zwar noch nicht abgeschlossen. „Aber es deutet alles darauf hin, dass es sich um ein tschechisches Flugzeug gehandelt hat, das aus Tschechien kam und dorthin wieder zurückflog“, erklärt Holm Felber, der Pressesprecher der Landesdirektion, die für die überörtliche Luftaufsicht zuständig ist.

Wie die Behörde erklärt, habe sie aber keine Rechtsgrundlage für eine Ermittlung in Tschechien. Deshalb werde der gesamte Vorgang an die dortige Luftfahrtbehörde in Prag zur weiteren Verfolgung und Ahndung abgeben. „Wir hoffen, dass die weiteren Ermittlungen dort zum Erfolg führen und der Vorfall mit einem Bußgeld geahndet wird“, erklärt Felber. In Deutschland kann das Bußgeld bis zu 50 000 Euro betragen, je nachdem wie gefährlich der Flug tatsächlich war.

An jenem Sonntagvormittag war reger Betrieb an der Fähre in Kurort Rathen. Die Passanten waren aufgeschreckt, als sie die herannahenden Flugzeuge hörten. Viele hielten die unwirkliche Szenerie mit ihren Smartphones fest. Der Überflug dauerte nur Sekunden. Doch in Zeiten der Handy-Kameras waren schnell zahlreiche Bilder gemacht. Zumal es sich ja um mehrere Flugzeuge handelte.

Einer von ihnen war Hans-Jörg Schurz. „Es waren drei Sportflugzeuge. Sie flogen alle drei sehr tief und in kurzem Abstand, etwa 200 Meter“, sagt er. Von Wehlen kommend flogen die Maschinen um den Lilienstein herum weiter Richtung Tschechien. Von Niederrathen aus hat er die Szenerie beobachtet und Fotos gemacht.

In Sachen Luftsicherheit verstehen die Behörden keinen Spaß. Erst recht nicht, wenn sich Flugzeuge dicht über größeren Menschenmengen befinden, wie es an jenem Sonntag in Kurort Rathen und auch in Bad Schandau der Fall gewesen war. Laut EU-Gesetzen dürfen Flugzeuge über unbewohntem Gebiet nicht niedriger als 500 Fuß (etwa 150 Meter) fliegen. Über bebautem Gebiet dürfte sogar eine Höhe von 1 000 Fuß nicht unterschritten werden.

Luftfahrzeugkennzeichen zur Identifizierung des Flugzeuges

Doch die Aufklärung erweist sich weiter als schwierig. Die Flugzeuge sind so tief ins Elbtal abgetaucht, dass sie „unterm Radar“ flogen und die Flugsicherung somit keine geeigneten Daten ermitteln konnte. Die Behörden hatten deshalb gehofft, dass sich jemand die Flugzeugkennung gemerkt haben könnte. „Ein beistehender Zeuge glaubte, ein Schweizer Kennzeichen erkannt zu haben“, sagte Schurz. Entweder wegen des Buchstaben S oder einer rot-weißen Flagge, die oft neben der Kennung aufgebracht ist.

Zur Identifizierung von Flugzeugen hat jedes zivile Flugzeug ein sogenanntes Luftfahrzeugkennzeichen. Das geht auf das Chicagoer Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt von 1944 zurück. Das Staatszugehörigkeitszeichen auf Flugzeugen ist für die Schweiz allerdings HB. Kämen die Flugzeuge aus Tschechien – wie es die Landesdirektion vermutet – wäre es OK. Ein S am Anfang einer Kennung könnte für neun verschiedene Staaten der Erde stehen. Als sehr unwahrscheinliche Herkunftsländer dürften dabei Ägypten (SU), Bangladesch (S2), São Tomé und Príncipe (S9), Seychellen (S7) oder Sudan (ST) gelten. In Europa kämen auch Slowenien (S5), Schweden (SE) oder Griechenland (SX) infrage. Am naheliegendsten wäre hier aber Polen mit der Kennung SP. Das Zeichen wird bei großen Passagiermaschinen am Heck angebracht. Wiegt das Flugzeug aber weniger als 5,7 Tonnen, muss das Kennzeichen auch gut lesbar an der Unterseite der linken Tragfläche angebracht werden.

Ob das zur Identifizierung der Piloten beitragen kann, sollen nun also tschechische Behörden klären. „Wie und wann uns die Prager Kollegen über das Ergebnis informieren, ist im Moment noch unklar“, sagt Pressesprecher Holm Felber.