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Ideale Zeit für Läuse

Es trifft Hunderte Kinder in Sachsen. Doch gegen einige Mittel sind die Tiere schon resistent.

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© obs/Wort & Bild Verlag

Von Christina Bachmann

Es krabbelt wieder auf den Kinderköpfen in Sachsen. „Bis Anfang November sind bereits knapp 1 500 Fälle in Kitas und Schulen der Stadt Dresden und 400 in Chemnitzer Einrichtungen gemeldet worden“, informieren die Sprecher der jeweiligen Gesundheitsämter. 2017 waren es 1 800 in Dresden und 600 in Chemnitz. Diese Zahlen spiegeln aber nur einen Bruchteil des tatsächlichen Kopflausbefalls wider, denn meldepflichtig sind nur Vorkommen in sogenannten Gemeinschaftseinrichtungen, sodass von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist.

Kopflausbefall ist eigentlich kein Drama, aber sehr lästig: Fast alle Eltern von Kita- und Schulkindern haben schon damit zu tun gehabt – in der kühlen Jahreszeit mehr als im Sommer. Denn unter wärmenden Mützen finden die Tiere ideale Bedingungen. Damit man sie schnell und effektiv wieder los wird, geben Gesundheitsämter Handlungsempfehlungen heraus.

Wenn Eltern über einen Aushang in der Kita oder einen Zettel im Schulranzen erfahren, dass Läuse gemeldet wurden, sollten sie genauer hinschauen. „Sie werden gebeten, der Schule oder Kita eine Rückmeldung zu geben, dass zu Hause eine Untersuchung erfolgt ist“, so das Gesundheitsamt Chemnitz. Wichtig sei es dabei, das Haar zu scheiteln und Strähne für Strähne zu untersuchen. „Hinter den Ohren, an den Schläfen oder im Nacken sitzen die Tierchen besonders gern.“ Entweder sieht man kleine dunkle Punkte, die sich bewegen, oder an Haaransätzen haften weiße Nissen, die Läuseeier. Im Gegensatz zu Schuppen lassen sie sich nicht einfach abziehen.

Wer Läuse entdeckt, sollte sie bekämpfen, von allein verschwinden sie nicht. Sie vermehren sich rasant. Bei jeder Blutmahlzeit gibt die Laus Speichel in die Kopfhaut ab, das juckt. „Beim Kratzen entstehen kleine Wunden, die sich entzünden und Hautinfektionen oder Ekzeme verursachen können“, erklärt Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Köln.

Zweierlei vernichtet die Blutsauger: Mittel, die auf das Nervensystem der Tiere wirken. Es gibt sie auf pflanzlicher und auf chemischer Basis. Andere Präparate, zum Beispiel aus Silikonölen, verstopfen die Atemöffnungen der Tiere. Kinderarzt und Apotheker beraten, welches Produkt geeignet ist. Bei ärztlicher Verordnung übernimmt die Krankenkasse für Kinder bis zwölf die Kosten für Läusemittel. Sie sind nicht rezeptpflichtig, können also auch selbst in der Apotheke gekauft werden.

Oft wird zu Silikonölen geraten, sagt Ursula Sellerberg von der Bundesapothekerkammer. „Weil sie physikalisch wirken und keine Resistenzen bekannt sind. Bei einigen Mitteln, die wie ein Nervengift wirken, ist bekannt, dass die Läuse schon gelernt haben, damit zu leben.“ Abzuraten ist von Hausmitteln wie Mayonnaise, Essig oder gar heißem Föhnen. Hierdurch wird die Kopfhaut geschädigt.

Wer sich für ein Produkt entschieden hat, muss streng nach Beipackzettel vorgehen. Sellerberg: „Man sollte ausreichend viel von dem Präparat nehmen, und es lange genug einwirken lassen.“ Ein häufiger Fehler sei, das Mittel auf nassem Haar anzuwenden. „Dann wird es zu sehr verdünnt.“ Wenn man dem Kind ein Handtuch um den Kopf wickelt, saugt dieses etwas von dem Mittel auf, auch das könne die Wirkung beeinträchtigen.

Nach der Anwendung wird das Haar ausgespült und wiederum Strähne für Strähne mit einem speziellen Läusekamm ausgekämmt. Das Kind ist erstmal läusefrei und kann wieder in Kita oder Schule gehen. „Ein ärztliches Attest des Behandlungserfolges ist zur Wiederzulassung nicht erforderlich“, so das Gesundheitsamt Chemnitz. Regional könne das aber auch unterschiedlich sein. Manche Kindereinrichtungen fordern solch einen Beleg.

Getan ist es damit aber noch nicht: „Das Auskämmen steht zwei Wochen lang alle vier Tage auf dem Programm“, sagt Heidrun Thaiss. Unbedingt nötig ist die Zweitbehandlung, in der Regel am neunten oder zehnten Tag. „Man erwischt beim ersten Mal nur die lebenden Läuse und nicht die Eier“, erklärt Sellerberg. Bis Tag acht nach der ersten Behandlung können noch Larven schlüpfen, ab Tag elf legen junge Weibchen wieder neue Eier. Wer das Zeitfenster an Tag neun oder zehn verpasst, riskiert, dass alles wieder von vorne losgeht. Wer auf Nummer sicher gehen will, packt Bürste oder Kuscheltier für drei Tage in eine Tüte. „Wenn da wirklich eine Laus drauf war, ist die ohne frisches Blut nach dieser Zeit abgestorben“, sagt Sellerberg.

Kopflausbefall ist zwar für die Familie – die sich übrigens mitbehandeln sollte – sehr lästig und aufwendig, aber kein Grund zum Schämen. „Mit mangelnder Sauberkeit hat das nichts zu tun. Auch auf einem bestens gepflegten Kopf können sich Läuse wohlfühlen und vermehren“, sagt Heidrun Thaiss, „die Tierchen sollen sogar frisch gewaschenes Haar bevorzugen.“

Für die Apothekerin Ursula Sellerberg ist Kopflausbefall sogar eher ein Zeichen von hoher Sozialkompetenz. „Denn wer Läuse bekommt, hat beim Spiel seinen Kopf viel mit anderen Kindern zusammengesteckt.“ Besonders anfällig oder immun ist erst mal keiner. „Die Läuse sind nicht wählerisch, ab zwei Zentimetern gehen sie auf jedes Haar, das sich ihnen anbietet.“ Allerdings haben Mädchen öfter Kopfläuse als Jungen. „Weniger wegen des meist längeren Haares, sondern weil sie beim Spielen wohl eher längeren und intensiveren Kontakt haben“, sagt Thaiss. (dpa/rnw/sw)