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Hund von Schnapsflasche erschlagen

Als Gertraud Jaciszek mit ihrer Hündin Tapsi in Hoyerswerda spazieren geht, wird eine Flasche von einem Balkon geworfen. Das Tier wird getroffen, fällt um und ist sofort tot. Der Schock sitzt tief, die Polizei ermittelt.

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© Constanze Knappe

Von Constanze Knappe

Wie jeden Abend geht am Dienstag gegen 17.45 Uhr Gertraud Jaciszek mit ihrer Hündin Tapsi spazieren. Da passiert das Unfassbare: Nur wenige Meter von der eigenen Haustür entfernt fliegt an der Giebelseite der Albert-Schweitzer-Straße 27 in Hoyerswerda etwas vom Balkon. Das Tier wird getroffen, fällt um und ist sofort tot. Erschlagen von einer Schnapsflasche! Mit tränenerstickter Stimme schildert die 57-Jährige den Vorfall. Sie habe Tapsi sofort auf den Arm genommen, doch diese habe nicht mehr geatmet. Frau Jaciszek legt die Hündin in den Korb ihres Rollators. Eine hinzugeeilte Nachbarin bringt die geschockte Frau nach Hause, wo sich bestätigt, dass Tapsi tatsächlich tot ist. Steffen Jaciszek ruft die Polizei. Er und seine Frau erstatten Anzeige.

Auf Nachfrage des TAGEBLATTs bestätigt Polizeisprecher Thomas Knaup, dass noch am Dienstagabend Kriminaltechniker vor Ort waren, um Spuren zu sichern. Sie nahmen den toten Hund mit, der in einer Tiefkühltruhe lagert, um – wenn nötig – eingehend untersucht zu werden. Allerdings, so räumt er ein, sei der Hund in der Sache zweitrangig. Die Kriminalpolizei hat Ermittlungen wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung aufgenommen. Die Flasche hätte genauso gut Frau Jaciszek treffen können. Diese nimmt an, dass die Flasche von einem Balkon der oberen Etagen geflogen kam, belegen kann sie das jedoch nicht. Für die Polizei sei das erst mal nur eine Vermutung. Es werde gegen unbekannt ermittelt, sagt Thomas Knaup.

Dass Gertraud Jaciszek körperlich unbeschadet mit dem Schrecken davon kam, hat sie ihrem anderen Hund Teddy zu verdanken. Hätte der nicht so getrödelt, wäre sie schon einige Schritte weitergegangen und hätte dann wohl selbst die Flasche abbekommen. „Der Teufel wollte mich noch nicht“, sagt sie. Es klingt nach Galgenhumor. Dabei ist der Hoyerswerdaerin alles andere als lustig zumute.

Tapsi, ein Yorkshire-Terrier-Mix, war sechs Jahre alt. Die Hündin war vier Monate, als das Ehepaar sie seinerzeit aufnahm. Sie kam aus einer schlechten Haltung, war halb verhungert. Bei Jaciszeks fand sie ein schönes Zuhause und ein glückliches Hundeleben. Tapsi bellte nur selten, war immer freundlich sowie für den älteren Hund Teddy (11) und Kater Lucky (16) ein Spielgefährte. Vor allem aber war Tapsi ein Familienmitglied. Ein Sonnenschein, der die Herzen von Gertraud und Steffen Jaciszek erwärmte. Die beiden scheinen von Unglücken aller Art regelrecht verfolgt zu sein. Nach einem Bandscheibenvorfall und mehreren Operationen kann Gertraud Jaciszek nur noch schlecht laufen und auch nicht mehr arbeiten. Ihr Mann, der wie sie erst 57 Jahre alt ist, hatte 2015 einen Schlaganfall, lag sogar im Koma und ist seitdem pflegebedürftig. Steffen Jaciszek ist gebürtiger Hoyerswerdaer, seine Frau stammt aus dem Harz, lebt aber seit ihrer Jugend hier in der Stadt. Vor sieben Jahren zogen sie in die Albert-Schweitzer-Straße 27 um. Zuvor wohnten sie in Nummer 14, die längst abgerissen ist. Weil sie schon damals nicht mehr so gut zu Fuß war, wollte Frau Jaciszek ausdrücklich wieder in ein Hochhaus mit Fahrstuhl. Mit einigen Bewohnern des Hauses habe es schon länger Probleme gegeben. Aber wie Menschen so grausam sein und ihren Hund erschlagen können, das gehe weit über die Vorstellungskraft der beiden hinaus, sagen sie.

Unter Tränen erzählt die gelernte Zootechnikerin, die früher in Schweine- und Rinderställen gearbeitet hat, aus ihrem Leben. Wie die Mutter von vier erwachsenen Kindern den Enkeln beibringen soll, dass es Tapsi nicht mehr gibt, das weiß sie noch nicht. Auch nicht, wie sie selbst und ihr Mann damit umgehen werden. Zu allem Pech erfuhren sie im Januar, dass Rüde Teddy an Hodenkrebs erkrankt ist und deshalb wohl nicht mehr lange zu leben hat.

Dass ein Hund im bundesdeutschen Recht nur als Sache betrachtet wird, macht es für Jaciszeks nicht leichter. Ganz verzweifelt hoffen sie, „dass die Polizei den oder die Täter kriegt, der oder die Tapsi auf dem Gewissen haben“. Wenn sie nach Abschluss der Ermittlungen den Hund zurückbekommen, wollen sie ihn im Garten des Schwiegervaters begraben. Und bei alldem bleibt Angst! Gertraud Jaciszek geht jetzt zwar eine andere Runde Gassi, aber wohl ist ihr ganz und gar nicht dabei.