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Hoffnung für die RTL II-Familie aus Großenhain

Ein Rechtsanwalt möchte den „Zuhause im Glück“-Teilnehmern im Streit um Steuerzahlungen helfen.

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Von Catharina Karlshaus

In den vergangenen zwei Wochen ging es Schlag auf Schlag. Nachdem die Ufa-Produktionsgesellschaft damit überrascht hatte, dass die Teilnehmer der RTL 2-Sendung „Zuhause im Glück“ Einkommenssteuer nachzahlen müssen, brodelte es deutschlandweit. Die ersten Familien, wie Juliane und Alexander Thiere aus Großenhain, die eigentlich dankbar für die Unterstützung waren, wurden bereits mit Forderungen ihrer Finanzämter konfrontiert. Summen, welche sich zwischen 37 000 und 42 500 Euro bewegen – von den Betroffenen, aufgrund von schweren Schicksalsschlägen oder Erkrankungen nicht aufzubringen.

Da war die Welt noch in Ordnung: Als Juliane und Alexander Thiere vor einem Jahr im Beisein von Architektin Eva Brenner den Schlüssel zum umgebauten Haus erhielten, ahnte wohl noch keiner, welche finanziellen Schwierigkeiten damit einhergehen würden. Arch
Da war die Welt noch in Ordnung: Als Juliane und Alexander Thiere vor einem Jahr im Beisein von Architektin Eva Brenner den Schlüssel zum umgebauten Haus erhielten, ahnte wohl noch keiner, welche finanziellen Schwierigkeiten damit einhergehen würden. Arch © Anne Hübschmann

Rechtsanwalt Michael Baczko, Fachanwalt für Sozialrecht aus Erlangen, hat ihnen jetzt seine Hilfe angeboten. Er sieht gute Chancen, wie er im SZ-Gespräch erklärt.

Herr Baczko, Kritiker bemerkten, die Ufa habe im Vertrag ja auf eine mögliche Zahlung von Einkommenssteuer hingewiesen. Hat sie das aus Ihrer Kenntnis wirklich eindeutig?

Den mir vorliegenden Verträgen und auch den Aussagen unbeteiligter Zeugen kann ich nicht entnehmen, dass die Ufa auf eine mögliche Zahlung von Einkommenssteuer hingewiesen hat. Selbst wenn dies so wäre, hätte niemand mit Steuern in hohen fünfstelligen Beträgen, immerhin bis zu 50 000 Euro, rechnen können und müssen. Nach Ansicht von Kollegen und mit mir zusammenarbeitenden, erfahrenen Steuerberatern ist die bisherige Rechtslage so einzuschätzen, dass, wenn überhaupt, die Steuern von der Ufa selbst zu entrichten wären.

Wie kann es überhaupt sein, dass 13 Jahre angeblich kein einziges Finanzamt in Deutschland auf die Problematik aufmerksam geworden ist?

Hier kann ich nur spekulieren. Es gab 2007 eine neue Rechtsprechung, nachdem Teilnehmer an Shows, soweit diese nicht reine Glücksspiele sind, Steuern auf ihren Gewinn zahlen müssen. Vermutlich war es so, dass ein Finanzbeamter meinte, diese Grundsätze seien auch auf die Kandidaten der Sendung „Zuhause im Glück“ anzuwenden. Eine Auffassung , die ich aber für sehr fraglich halte. Doch das brachte dann wohl im Rahmen einer Wirtschaftsprüfung bei der Ufa den Stein ins Rollen.

Und was raten Sie jetzt den betroffenen Familien?

Auf keinen Fall selbst mit dem Finanzamt verhandeln. Einen Rechtsanwalt und Steuerberater einschalten, beziehungsweise einen Fachanwalt für Steuerrecht oder einen steuerrechtskundigen Anwalt. Allerdings wird genau das ein Problem sein: Die meisten Betroffenen werden nicht die finanziellen Mittel haben, um einen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Steuerrecht zu bezahlen! In den wenigsten Fällen wird, wenn überhaupt, eine Rechtsschutzversicherung eintreten. Deshalb gibt es Überlegungen, ob eine Art Hilfsfonds im Rahmen eines gemeinnützigen Vereins oder einer gemeinnützigen Stiftung möglich ist.

Was macht Sie so sicher, dass es juristisch gute Chancen gibt, gegen die Vertragsgestaltung vorzugehen?

Es geht nicht um die Vertragsgestaltung. Es geht um die steuerliche Einordnung. Man muss wissen, dass die Verträge so gestaltet sind, dass die Kandidaten reine Statisten waren. Sie haben der Produktionsgesellschaft ihre Wohnung oder ihr Haus für mehrere Tage zur Verfügung gestellt und hatten in dieser Zeit keinerlei Mitwirkungsrecht. Eine Vielzahl von Betroffenen berichtete mir zudem, dass kein Mehrwert geschaffen wurde. Stattdessen sei eine Vielzahl von Schäden verursacht, teure Einrichtung gegen billige ausgetauscht worden und so weiter. Aus mehreren steuerrechtlichen Rechtsgedanken ergibt sich, dass aufgrund der Vertragsgestaltung für die Kandidaten keine Steuern anfallen. Meines Erachtens liegt ein falscher Gedanke des Finanzamtes zugrunde. Zwar wurden die Renovierungskosten von der Produktionsfirma als Kosten abgeschrieben, aber ja als Einnahme bei den Handwerkern oder Lieferanten versteuert. Werden nun auch nochmals Steuern von den Kandidaten verlangt, geschieht das für die gleiche Einnahme zweimal.

Gibt es berechtigte Hoffnungen, eine generelle Aussetzung der Steuernachzahlung zu erwirken?

Nicht nur ich, sondern Kollegen und Steuerberater, mit denen ich in Verbindung stehe, vertreten die Ansicht, dass wir nicht nur eine vorläufige Aussetzung der Steuernachzahlung erwirken können, sondern dass bereits ergangene Steuerbescheide als unwirksam erklärt werden. Entsprechendes gilt für eventuell zu erwartende Bescheide. Da es sich jeweils um individuelle Sachverhalte handelt, ist eine generelle vorläufige Aussetzung der Steuernachzahlungen auf dem Rechtsweg nicht zu erreichen. Hier sind die jeweiligen Landesfinanzministerien zuständig. Sobald mir weitere aussagekräftige Unterlagen und Zeugenaussagen vorliegen, werde ich aber versuchen, bei den Finanzministerien eine generelle Aussetzung der Verfahren beziehungsweise eine generelle vorläufige Aussetzung der Steuerzahlungen zu erreichen.

Das Gespräch führte Catharina Karlshaus.