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Geschenkte Führerscheine?

Flüchtlinge müssten die teure Fahrschule nicht selbst bezahlen. So wird es jetzt häufig behauptet. Die SZ hat sich danach erkundigt.

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© Peter Kuner

Von Ronja Münch

Wie sich dieses Gerücht halte. Da sei sie manchmal schon entsetzt, sagt Gerlinde Franke von der Migrationsberatung der Diakonie. Ob Flüchtlinge im Landkreis Meißen den Führerschein kostenlos machen könnten. Das wollte der NPD-Politiker Jürgen Gansel am Ende der letzten Kreistagssitzung wissen. Für sie sei das wie ein Déjà-vu gewesen, so Gerlinde Franke.

Sie war auch dabei, als beim jüngsten Küchentischgespräch mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Martin Dulig (SPD) in Großenhain ein Bürger das Thema ansprach. „Das wird auch einfach so als Aussage dargestellt. Ohne das zu überprüfen“, ärgert sich Franke. Tatsächlich gibt es die angeblich geschenkten Führerscheine nicht. Jedenfalls nicht so, wie von manchen dargestellt. „Das kommunale Jobcenter des Landkreises Meißen, zuständig auch für Flüchtlinge mit Bleibestatus, stellt keine Bildungsgutscheine aus, die ausschließlich dem Erwerb des Führerscheins dienen“, schreibt der zuständige Dezernent Hans-Richard Würkner. Gefördert werden könne eine Fahrerlaubnis nur dann, „wenn diese für die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit notwendig und anschließend ein versicherungspflichtiger Job garantiert ist“. Ein solcher Beruf wäre beispielsweise Kraftfahrer. Die Voraussetzungen gelten für Flüchtlinge ebenso wie für alle anderen Bezieher von Arbeitslosengeld II.

Die Hürden sind also nicht eben niedrig und für Flüchtlinge gewissermaßen noch höher. Denn um einen solchen Job zu bekommen und somit die Förderung beantragen zu können, müssen gute Deutschkenntnisse vorhanden sein.

„Die Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer gibt es nur auf Deutsch“, erklärt Andreas Bönisch. Er besitzt eine Fahrschule in Meißen, bei ihm machen viele Flüchtlinge ihren Führerschein. „Keiner von denen bekommt eine Förderung“, sagt er. Auch die, die gerne als Kraftfahrer arbeiten würden, erfüllen nicht die Voraussetzungen wie eben die Sprachkenntnisse. Sie alle bezahlen ihren Führerschein selbst.

Auch Beraterin Franke ist kein Fall bekannt, in dem Flüchtlinge, die von der Diakonie betreut werden, den Führerschein gefördert bekommen hätten. Und tatsächlich schreibt Würkner, eine Überprüfung habe ergeben, dass es bisher „keine Aufwendungen für Flüchtlinge mit Bleibestatus“ gegeben habe. Nun ist das Jobcenter erst zuständig wenn klar ist, ob jemand bleiben darf. Solange der Aufenthaltsstatus noch offen ist, beziehen Flüchtlinge ihre Leistungen von der Arbeitsagentur. Doch dort gibt es keine derartige Förderung.

Warum sich das Gerücht dennoch hartnäckig hält, ist schwer nachzuvollziehen. Schuld sind vermutlich auch einschlägige Seiten im Internet, die Tatsachen verdrehen. „Da die Asylbewerber nicht über die erforderlichen Geldmittel verfügen, um einen Führerschein zu machen, springt der Steuerzahler ein“, heißt es etwa auf der Seite pro-deutschland.de.

Tatsächlich haben viele Flüchtlinge bereits einen Führerschein in ihrem Heimatland gemacht, doch diese werden in Deutschland meist nicht anerkannt. Davon sind auch häufige Herkunftsländer wie Syrien, Afghanistan und Irak betroffen. Sie müssen umgeschrieben werden, was ungefähr so aufwendig ist, wie gleich einen neuen Führerschein zu machen. „Die Bedingungen in den Ländern sind oft ganz andere, die erfüllen hier nicht die Anforderungen für die Fahrerlaubnis“, so Fahrlehrer Bönisch. Viele der ausländischen Führerscheine würden zudem vom BKA als Fälschungen gewertet. Dass viele den Führerschein auf eigene Kosten machen, ist indes positiv, so Sören Skaliks vom Bündnis Buntes Meißen. „Das ist für uns ein super Zeichen für Integration.“ Ein Führerschein verbessere die Arbeitsmarktchancen.