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Fuchs klaut Schuhe

In Kittlitz ging ein Tier auf Diebestour. Ängste wurden laut, es könnte Tollwut haben.

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© dpa

Von Constanze Junghanß

Kittlitz. Im altbekannten Kinderlied stiehlt der Fuchs die Gans. Meister Reinecke gilt schlechthin als der Dieb von Federvieh. Weniger bekannt dagegen dürfte sein, dass Herr und Frau Fuchs auch andere „Straftaten“ begehen können. So war das jetzt in Kittlitz der Fall. Vor zwei Wochen begann die Diebstahlserie bei Hartmut Sell. Der 78-Jährige traute zuerst seinen Augen kaum, als er das Malheur entdeckte: Da fehlten plötzlich die schon etwas älteren Gartenschuhe seiner Frau. Zum Garten geht es über die Terrasse, sodass die Arbeitsschuhe auch gleich dort abgestellt werden, erzählt Hartmut Sell. Zwar konnten die Kittlitzer das Rätsel um das verschwundene Schuhwerk nicht sofort lösen. Kurze Zeit später allerdings fehlte erneut ein Schuh. Und dann der nächste. Diesmal jedoch erwischte die Dame des Hauses den Übeltäter auf frischer Tat. Vom Stubenfenster aus beobachtete sie, wie ein Tier mit buschig rotem Schwanz seine Beute ins nahe gelegene Gebüsch schleppte. Ein Fuchs entpuppte sich als Schuhfetischist.

Hartmut Sell war dem Tier nicht böse. Das Schuhwerk sei sowieso schon in die Jahre gekommen. Nun würden eben einfach neue angeschafft. „Meine Schuhe klaute der Fuchs allerdings nicht“, sagt er lachend. Die wären dem Tier wohl zu groß. Dafür fand der Rasenmäher eine Weile später einen abgekauten Latsch, der ins Mähwerk gekommen war. Bei Sells tauchte der Vierbeiner danach nicht mehr auf.

Dafür kam er zu Monika Wenzel aufs Nachbargrundstück. „Er stand vielleicht drei Meter von der Terrassentür entfernt“, erinnert sie sich. Und guckte einfach. Ohne Anstalten zu machen, den Garten wieder zu verlassen. Einige Tage später habe sich der Fuchs dann ein bei der Haustür zum Trocknen abgelegtes Stück Brot geschnappt und sei damit auf und davon gelaufen. Monika Wenzel erzählt der SZ von einem dritten Nachbarn im Ort, bei dem der Filou die Schuhe aus dem Heizungsraum stibitzt haben soll. Nun macht sich die Kittlitzerin Gedanken, weshalb der Fuchs offensichtlich keine Scheu gegenüber den Menschen zeigte. Über ihre Begegnung mit dem überhaupt nicht ängstlich wirkenden Gesellen berichtet sie im ehrenamtlich hergestellten Dorfblatt „Kittlitz aktuell“ und fragt unter anderem, ob dieses Verhalten auf eine Krankheit wie Tollwut hindeutet.

Doch Deutschland gehört zu den Ländern in Europa, in denen durch systematische Bekämpfung die Tollwut bei Wild- und Haustieren getilgt werden konnte. Hierzulande wurden vor allem Impfköder für Füchse ausgelegt. Die gelben Schilder mit dem roten Fuchskopf und dem Hinweis „Impfgebiet Tollwut“ waren vor einigen Jahren auch noch in den regionalen Wäldern an Bäumen angebracht. Laut Robert-Koch-Institut trat der letzte Tollwutfall in der BRD im Februar 2006 im Raum Mainz auf. Da war ein Fuchs betroffen. Impfköder wurden noch bis 2008 ausgelegt. „Nach internationalen Kriterien sind weitere Impfaktionen in Deutschland somit nicht mehr erforderlich“, heißt es vonseiten des Instituts. Deutschland und viele andere europäische Länder gelten im Gegensatz zu afrikanischen und asiatischen Ländern mittlerweile als frei von Tollwut. Im Kreis Görlitz ist der letzte Nachweis der auch für den Menschen so gefährlichen Erkrankung noch länger her. Das Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt teilt auf Nachfrage der SZ mit, dass die Tollwut zuletzt 2002 bei Fledermäusen festgestellt wurde. Auch in Tschechien gibt es laut Robert-Koch-Institut keine Tollwut mehr. Mit Stand 2013 soll in Polen die Erkrankung nur noch ganz selten aufgetreten sein.

Das Verhalten des Kittlitzer Fuchses allerdings scheint keine Ausnahme zu sein. Im rheinland-pfälzischen Föhren trieb sich ein ebenfalls schuhverrückter Reinecke vor sieben Jahren herum. Auf dessen Konto gingen laut Medienberichten rund 200 Paar Schuhe, die dieser von Terrassen, vor Hauseingängen und aus Gärten entwendete. Doch plötzlich kehrte Ruhe ein. Der Fuchs gab seine Diebestouren aus unbekannten Gründen wieder auf. Ob der Kittlitzer Schuhräuber seinem Artgenossen nacheifern wird, ist ungewiss. Seit Kurzem jedenfalls wurde er nicht mehr gesehen, sagt Monika Wenzel.