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Wie im Kindergarten

Meißens Rathaus und der Tierparkchef Heiko Drechsler tragen eine ziemlich verzwickte Fehde aus. Die SZ bietet ihnen eine Mediation an.

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© Marion Gröning

Von Peter Anderson

Meißen. In Meißen geht es wieder einmal zu wie im Kindergarten. „Der Heiko ist nicht in den Stadtrat gekommen“, tönt es aus dem Rathaus. Deshalb werde ihm der Geldhahn zugedreht. Aus Heikos Tierpark schallt es zurück: „Das Rathaus war böse und hilft mir nicht. Ich mache den Tierpark zu.“ Resultat: Die Stadt hat – obwohl es der warme Winter zulassen würde – ein Ausflugsziel weniger. Vor allem Familien leiden unter der Schließung. Den Tieren geht es zwar gut; Investitionen in Gehege etc. bleiben allerdings aus.

Die Vorgeschichte für den Knatsch ist bunt und lang. Vor 15 Jahren, bei der Übernahme der Anlage, hoffte der Dresdner Zoofachhändler und Tierpfleger noch, schwarze Zahlen schreiben zu können. Erbbaurecht, ein neuer Spielplatz und eine umfassende Ausschilderung des Tierparks seien ihm zugesagt worden. Hierauf verweist er häufig. Von den Versprechen sei jedoch nur wenig eingehalten worden. Dies zudem nur nach wiederholtem Drängen. Komplette Untätigkeit lässt sich dem Rathaus dabei nicht vorwerfen: Unter Mitarbeit der Stadtwerke entstanden neue Toiletten samt Anschluss ans zentrale Abwassernetz. Die MSW halfen bei der Elektroinstallation und dem Verlegen von Wasserleitungen.

Trotz dieser Unterstützung musste der Tierparkchef erkennen, dass die Anlage langfristig nicht kostendeckend zu betreiben sein wird. Lange Winter, Wetterunbilden, Tierseuchen und die Tücken des Hanggeländes brachten den Besucherstrom wiederholt zum Versiegen. Mit seinen Schwierigkeiten fühlte sich Drechsler von der Stadt nicht ernst genommen. Dann kam unerwartet die Wende: Sowohl 2016 als auch 2017 sprang Meißen mit jeweils 60 000 Euro ein. Drei Tierpfleger konnten so ihr Auskommen finden. Ein gutes Ende schien sich abzuzeichnen, doch Mitte vergangenen Jahres spitzte sich die Situation erneut zu: Weil er sein Betreiberkonzept nicht vor Stadträten präsentiert habe, müsse der Unternehmer auf weitere Mittel verzichten, so das Rathaus. Zudem seien die 120 000 Euro für zwei Jahre als Anschubfinanzierung gedacht gewesen, nicht als kontinuierlicher Ausgleich für Verluste.

Aus Sicht Drechslers stellt sich das ganz anders dar. Bei früheren Besuchen im Stadtrat habe er sich behandelt gefühlt wie ein dummer Junge, sagt er. An dem Betreiberkonzept, auf dessen Grundlage die Zuschüsse für 2016 und 2017 basieren, habe sich nichts geändert. Der Dresdner argwöhnt, dass er stattdessen für das, von ihm selbst als unbedacht bezeichnete Aufhängen von AfD-Wahlplakaten im Tierpark bestraft werden solle. Zudem flossen von Kreisen rund um den Großenhainer Anti-Asyl-Aktivisten und rassistischen Hetzer Dierk Damen kürzlich Spenden von rund 1 700 Euro an die Einrichtung.

Als wäre dies nicht genug an verwirrenden Tatsachen, schwelt ein weiterer Streit um den durch FDP-Stadtrat Martin Bahrmann stark unterstützten Förderverein des Tierparks. Dieser habe lediglich die Zuschüsse verwaltet und dafür sogar Kosten produziert, kritisiert der Tierparkchef. Von Seiten des Fördervereins ist dagegen von einer weitgehend passiven Haltung und fehlendem Engagement Drechslers die Rede.

So verfahren die Situation sein mag, beide Seiten sind aufeinander angewiesen. Sollte Drechslers Zeit in Siebeneichen enden, würde er seine Tiere mitnehmen, auf ihn ausgestellte Ausnahmen für alte Volieren könnten entfallen und Rechtsstreitigkeiten über den Wert seiner seit 2013 erbrachten Sachleistungen, drohen. Die Stadt müsste einen neuen Pächter finden, der sich kaum ohne Subventionen auf das Abenteuer einlassen wird. Um die Fläche zu sichern, dürfte ein hoher Aufwand nötig sein. Für den Tierparkbetreiber wiederum bedeutete ein Aus das Ende seines Lebenstraums.

Unter diesen Umständen bleibt letztlich nur Folgendes übrig: Die Stadt kommt nicht darum herum zu akzeptieren, dass ihr Tierpark – wie bei sämtlichen Anlagen in ähnlich großen Städten auch – langfristig allein mit Zuschüssen funktioniert. Selbst wenn dies nicht von Anfang an klar war. Der Empfänger dieses Verlustausgleichs muss auf der anderen Seite so transparent abrechnen, wie das stets bei Fördermitteln nötig ist und seinen Gönner mitreden lassen. Zusätzlich wäre zu klären – ohne schmutzige Wäsche von gestern zu waschen – welche Wünsche bei beiden Partnern darüber hinaus bestehen.

Da Gesprächsbereitschaft von beiden Seiten bislang immer nur signalisiert, aber nie eingelöst wurde, hier ein konkreter Vorschlag: Am Dienstag oder Donnerstag nächster Woche könnten je 19 Uhr Sondierungsgespräche auf dem neutralen Boden der Meißner SZ Redaktion stattfinden. Tierparkchef, Behördenvertreter und Stadträte sind herzlich eingeladen. Rückmeldung erbeten.