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Ex-Justizminister kauft sich frei

Schon dreimal vergaß der CDU-Politiker Manfred Kolbe, nach dem Tanken zu bezahlen. Am Montag sollte es zum Prozess kommen. Doch der bleibt ihm überraschend erspart.

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Von Gunnar Saft

Auf seiner Internetseite gibt sich Manfred Kolbe äußerst mitteilungsbedürftig. So kann auf einem eigens eingerichteten Kalender jeder die aktuellen Termine des früheren sächsischen Justizministers und heutigen CDU-Bundestagsabgeordneten einsehen. Wer dann allerdings auf den kommenden Montag klickt, findet keinerlei Eintrag. Das verwundert. Denn just jenen Termin dürfte sich der Politiker schon seit Langem vorgemerkt haben. Im Amtsgericht Borna war für diesen Montag ein Prozess angesetzt, bei dem Kolbe die Hauptrolle spielen sollte – als Angeklagter.

Der Vorwurf gegen ihn: Tankbetrug. So hatte Manfred Kolbe im August vergangenen Jahres an einer Tankstelle in Großpösna (Landkreis Leipzig) etwa 50 Liter Sprit gezapft und war dann weitergefahren, ohne die fällige Rechnung in Höhe von rund 70 Euro zu begleichen. „Ich habe vergessen, an der Tankstelle zu bezahlen, habe das dann später sofort beglichen und mich entschuldigt“, lautete im Nachhinein sein Erklärungsversuch.

Strafbefehl nicht akzeptiert

Einen Strafbefehl des Amtsgerichts Borna über 3.300 Euro, ausgestellt auf Antrag der Staatsanwaltschaft, wollte er damit nicht akzeptieren. Offenbar war Kolbe überzeugt, sich in dem Fall nicht strafbar gemacht zu haben. Er legte Einspruch ein und eben dieser sollte nun am Montag verhandelt werden. Ein Termin, der allerorten mit Spannung erwartet wurde. Schließlich kommt es selten vor, dass der Vorwurf des Tankbetrugs gegen einen ehemaligen Justizminister in einem Prozess öffentlich aufgerollt wird. Um so überraschender war dann diese Meldung vom Freitag: Das Verfahren gegen den Bundestagsabgeordneten wurde kurzfristig eingestellt. Statt vor Gericht zu erscheinen, muss Kolbe nun nur eine Geldstrafe in Höhe von lediglich 1.000 Euro zahlen. Profitieren wird davon das Jugendhaus Leipzig, teilte eine Gerichtssprecherin mit. Für Kolbe eine sehr willkommene Lösung, bleibt ihm somit ein Prozess erspart.

Warum sich die Justiz plötzlich darauf einlässt, ist ihr Geheimnis. Die Entscheidung sorgt jedenfalls für große Verwunderung, weil Kolbe in Sachen unbezahlter Tankrechnungen ein Wiederholungstäter ist. Die gleiche Sache passierte dem Juristen schon mehrfach: Erstmals 2002 an der Tankstelle „Dresdner Tor“, als er aus Zerstreutheit vergaß zu bezahlen. Genau wie 2008 bei einer Tankstelle in Naunhof. Auch hier räumte er „Hektik und Eile“ ein, aber keinen Vorsatz. Kolbe einigte sich nachträglich mit der Tankstellenpächterin, und die zog ihre Anzeige zurück. Schließlich kam dann der Fall vom vorigen Sommer. Stets konnte der heute 58-jährige Politiker, der vor seiner Zeit im Bundestag von 2000 bis 2002 Mitglied der sächsischen Landesregierung war, einen Prozess vermeiden. Zur Bundestagswahl 2013 will er übrigens nicht mehr kandidieren. Mit dem Vorwurf des Tankbetrugs, so Kolbe, habe das aber nichts zu tun. „Man soll aufhören, solange man noch schöne Reden über sich selbst hört“, erklärte er einst seinen geplanten Rückzug.