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Engpässe in der Apotheke

Wer in diesen Tagen eine Apotheke betritt, kann eine böse Überraschung erleben. In Sachsen sind einige Medikamente wie Ibuprofen knapp. Was sind die Ursachen? Und was können Patienten tun?

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© Jürgen Lösel

Von Jonathan Rebmann

Wer in diesen Tagen eine Apotheke betritt, kann eine böse Überraschung erleben. Denn es gibt Lieferengpässe bei bestimmten Medikamenten – derzeit beispielsweise für das Schmerzmittel Ibuprofen, den Blutdrucksenker Valsartan und für Fastjekt, ein Mittel, das gegen einen allergischen Schock eingesetzt wird. „Das kann dramatisch für Patienten sein“, sagt der
Vizepräsident der Sächsischen Landesapothekerkammer Göran Donner.

Die Apotheker im Freistaat versuchen deshalb, Alternativen mit den gleichen Wirkstoffen zu besorgen. „Für den Patienten hat das allerdings den Nachteil, dass er ständig wechselnde Packungen von verschiedenen Herstellern bekommt“, erklärt Donner, der selbst eine Apotheke in Dippoldiswalde betreibt. Und das müsse auch jedes Mal erklärt werden.

Doch auch die Apotheken selbst haben Nachteile. So können Rabattverträge mit den Krankenkassen teilweise nicht eingehalten werden. Manchmal müsse ein Käufer von Arznei auch erst ein neues Rezept besorgen, um ein alternatives Medikament zu erhalten, so Donner. Höhere Preise seien indes nicht zu befürchten. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel gebe es eine Preisverordnung und bei rezeptfreien Medikamenten sei der wirtschaftliche Druck zu hoch, um die Preise zu erhöhen. Donner rät, bei Bedarf auf eine andere Packungsgröße oder Dosierung auszuweichen, etwa Ibuprofen 400 statt 600 Milligramm. Die verschiedenen Varianten werden blockweise hintereinander produziert, weshalb dann nur bestimmte Packungsgrößen nicht geliefert werden.

Viele Lieferanten aus Asien

Doch was ist der Grund für den Lieferengpass? „Durch den Preiswettbewerb auf Herstellerseite hat sich die Wirkstoff-Produktion auf wenige Firmen konzentriert“, sagt der Apotheker. Diese säßen hauptsächlich in Asien. „Wenn dort eine Qualitätskontrolle zu spät angemeldet wurde, kann es passieren, dass die Produktionsfirma erst mal stillgelegt wird.“ Ein Ende dieser Probleme infolge der Globalisierung sei derzeit noch nicht in Sicht.

Der Branchendienst Apotheke Adhoc nennt noch einen weiteren Grund – speziell für den Ibuprofenmangel. Die Arznei wird in einer BASF-Anlage im texanischen Bishop hergestellt. Diese ist wegen eines technischen Fehlers im Juni ausgefallen. Die Produktion könne voraussichtlich erst Ende des Jahres wieder aufgenommen werden, sagt ein Konzernsprecher. Das Werk sei mit einer Kapazität von 5 000 Tonnen pro Jahr einer der führenden Produzenten von Ibuprofen weltweit. Laut Apotheke Adhoc wird dort rund ein Sechstel des globalen Bedarfs hergestellt.

Trotz der Engpässe reagieren hiesige Apotheker eher unaufgeregt. „Wir haben den Ibuprofenmangel gut umschifft, indem wir auf andere Herstellerfirmen ausgewichen sind“, sagt Kristiane Wilde von der Kronen-Apotheke in der Dresdner Neustadt. Lieferengpässe habe es auch in den vergangenen Jahren immer wieder mal gegeben – „in diesem Jahr aber mehr als sonst“. Erstmals sei mit Ibuprofen auch ein „Wald- und Wiesenprodukt“ betroffen, das viele Kunden beanspruchten, so Wilde. Doch das trifft nicht auf alle Apotheken in Sachsen zu. Gerhard Wansorra, Inhaber der Glocken-Apotheke in Chemnitz, hat Ibuprofen vorrätig und bekommt es auch geliefert. „Fastjekt ist aktuell nicht lieferbar“, bestätigt Wansorra. Der Apotheker sieht als Grund für die Lieferprobleme unter anderem den hohen Kostendruck. Der Gesetzgeber reguliere die Preise von gängigen verschreibungspflichtigen Medikamenten. Sie seien nach unten korrigiert worden.

Lager werden eingespart

Durch die sogenannte Just-in-Time-Produktion würden Lagerkosten gespart. Doch sie bringt auch Nachteile mit sich: Wird die Produktionskette unterbrochen, spüren das sehr schnell auch die Endkunden. Eine gute Arzneimittelversorgung sieht Wansorra daher auf lange Sicht in Gefahr.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führt auf einer Website jene Medikamente auf, die derzeit von Lieferengpässen betroffen sind. Impfstoffe sind dort aber nicht gelistet.

www.sz-link.de/engpass