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Eine teure Kaffeefahrt

Wenn im Briefkasten tolle Gewinnversprechen liegen, sollte man stutzig werden. Zwei Frauen aus Seifersdorf wurden jetzt abgezockt. Und andere auch.

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© Jürgen Lösel

Von Frank Oehl

Seifersdorf. Linda M. ist verzweifelt. Worauf haben sich da Mutter und Großmutter nur eingelassen? Nun, die beiden Seifersdorferinnen haben sich eine Kaffeefahrt gegönnt. Mit einer Travel Trend Tours GmbH aus Eindhoven (NL) sollte es nicht allzu weit gehen. Nur zu kostenlosem Frühstück, kostenlosem Mittagessen und anschließender kostenloser Besichtigung der Senffabrik Bautzen. Da auch der Bus umsonst war und sich im Briefkasten weitere Gewinnversprechen andeuteten, konnte man doch nicht viel falsch machen, oder?

Der Bus holte gegen 6.45 Uhr die ersten Mitreisenden in Radeberg ab, fuhr dann nach Ullersdorf, zum Neustädter Bahnhof und nach Klotzsche. 23 Kaffeefahrt-Teilnehmer, vorwiegend Rentner, landeten schließlich in einem Saal in Friedersdorf bei Pulsnitz. Zum Frühstück gab es zunächst durch einen nach eigenen Angaben 47-jährigen Verkäufer (mit einer Frau und drei Kindern) Cremes, Parfüms, Plüschtiere und weitere Artikeln mit einem einheitlichen Verkaufspreis von zehn Euro. Anschließend, so wird berichtet, wurden Magnetbettaufleger vorgestellt, die aber niemand haben wollte. Immerhin gingen aber sieben Magnetsitzaufleger für je 50 Euro über den Frühstückstisch.

Fünf Tage Prag für 98 Euro?

Nach dem Mittagessen trat dann ein anderer Verkäufer in Aktion. Womöglich auch 47 Jahre alt, glücklich verheiratet und mit sieben kleinen Kindern ausgestattet. Das ist nicht überliefert, täte aber auch nichts zur Sache. Jetzt wurde schließlich die Gewinn-Tombola veranstaltet! Es ging um Fernreiseziele, die man auf einer Tafel anpries, wobei die Preise immer wieder durchgestrichen wurden. Tombola-Reisegewinner bräuchten keine 398 Euro, keine 298 Euro und auch keine 198 Euro mehr hinlegen. Der Endpreis für „Fünf Tage Prag“ oder „Sieben Tage Kurreise Bernsteinküste“ betrug nur noch 98 Euro pro Fahrt und Person, wobei die Urlaubstouren „bis 2020 jederzeit einlösbar“ sein sollten. Die Tombola-Adresskarten wurden gezogen. Wer kein Interesse hatte wurde übersprungen, den Interessierten aber wurde mit Spielgeld die „tolle Ersparnis“ vorgezählt. Das Ergebnis der Tombola: Etwa ein Drittel der alten Leutchen, darunter Mutti und Omi von Linda M., buchten eine gewonnene Reise. Wohin auch immer.

Geld hektisch einkassiert

Dann kam der Kaffee auf den Tisch. Währenddessen, so wird berichtet, seien die Reiseanmeldungen sowie die Bezahlung (natürlich auch mit EC-Card) äußerst hektisch durchgeführt und die Betroffenen über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt worden. Mit der Bemerkung, dass nach dem Ablauf der Widerrufsfrist ein selbstfahrender Staubsauger, natürlich kostenlos, eintreffen werde. „Die Reiseanmeldung sowie die Quittung wurden in verschlossenen Kuverts erst kurz vor Ende der Veranstaltung übergeben“, so Linda M. Dann habe der Busfahrer gefragt, ob wirklich noch jemand in die Senffabrik wolle. Da sich nur vier der 23 Leute meldeten, wurde vom Umweg über Bautzen abgesehen und sogleich die Rückfahrt angetreten. Ohne Verkäufer, versteht sich. Erschöpft, aber glücklich stiegen Mutter und Oma von Linda M. in Radeberg als erste aus dem Bus.

Die Freude währte nicht lange, denn bei den gezahlten 98 Euro handelt es sich nicht etwa um Reisekosten, sondern lediglich um eine Reisevermittlungsgebühr, wie man im Kleingedruckten nachlesen kann. Wie jede Verbraucherzentrale bestätigen wird, ist dieses Geld in der Regel futsch. An die „Verkäufer“ kommt man nicht mehr ran, die Bankverbindungen werden meist von Strohmännern gehalten, die angegebene Servicetelefonnummer läuft ins Leere. Im Internet kann man unter Eingabe der Nummer Kontakt zu vielen aufnehmen, die die gleiche Betrugserfahrung gemacht oder davon gehör haben. „Meine Mutter und meine Oma haben jetzt Anzeige erstattet“, teilt Linda M. mit. Das kann ja nicht schaden. Aber ob es noch hilft?