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Die Stadtschwalben

Oft werden Schwalbennester nicht geduldet. Ein Hausbesitzer in Döbeln sieht das locker. Hier gibt es eine ganze Kolonie.

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© A. Braun

Von Jens Hoyer

Ein Stückchen Natur mitten in der Stadt, das gibt es an der Leisniger Straße in Döbeln. Am Haus Nr. 3 siedelt ganz oben an der Fassade eine stattliche Kolonie Mehlschwalben. Die Elterntiere fliegen etwa zehn Nester an, um ihre Jungen mit den Insekten zu füttern, die sie gefangen haben. Das ist eine der Ausnahmen in der Stadt. „Es gibt viele Hausbesitzer, die die Nester entfernen“, sagte der Naturschutzbeauftragte Siegfried Reimer. Für Christian Günther, dem das Haus an der Leisniger Straße gehört, ist das kein Thema. „Die sind schon ein paar Jahre da, und mich stören sie nicht. Solange es keine Klagen von den Mietern gibt, sehe ich keinen Handlungsbedarf. Ich freue mich, dass sie mir um die Nase fliegen und fast in meiner Kaffeetasse landen, wenn wir auf dem Balkon sitzen. Sie haben mir auch schon auf die Brille gekackt. Ich habe damit kein Problem.“

Solche Refugien haben die Schwalben auch bitter nötig. „Die Zählungen ergeben, dass ihre Zahl ständig zurückgeht. Sie sind sehr gefährdet aufgrund der verlustig gehenden Lebensräume“, sagte Siegfried Reimer. Früher lebten viele Schwalben auf dem Lande. Aber der klassische Bauernhof mit Stallungen und Nistmöglichkeiten ist ein Auslaufmodell. Auf den intensiv bewirtschafteten riesigen Ackerflächen gibt es immer weniger Insekten. Da bilden die Städte heute Lebensräume für die bedrohten Vögel. In der Thermik der warmen, aufsteigenden Luft können die Vögel die Insekten jagen, die sie brauchen. Mittlerweile seien die Städte Rückzugsräume für viele Tierarten, die früher andere Bereiche besiedelten, sagte Reimer.

Schwalbennester zu entfernen, ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz nur in Ausnahmefällen erlaubt. Nämlich dann, wenn Renovierungs- und Dacharbeiten am Haus nötig sind. Ansonsten droht der Gesetzgeber mit Bußgeldern, deren Höhe auch davon abhängt, ob Nester gerade belegt sind oder nicht. Schwalbennester werden auch von Sperlingen gern genutzt, sagte Reimer. Anders als die Schwalbe seien diese nicht gefährdet.