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Das neue Abenteuer Wandern

Weiter, immer weiter: Der Adventure Walk über 50 Kilometer von Dresden nach Rathen ist eine echte Herausforderung und trifft den Zeitgeist.

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© Marko Förster

Von Michaela Widder

Durch Schlamm robben, in eiskalte Wassergruben springen – die Zeiten dafür sind vorbei mit Mitte 30, findet Reinhardt Schmidt für sich persönlich. „Trotzdem wollen die Leute ja an ihre Leistungsgrenze gehen, suchen immer wieder neue Herausforderungen.“ Der Dresdner ist Geschäftsführer der Laufszene Events GmbH und kennt die Ausdauerszene in Sachsen so gut wie kaum ein anderer. Schmidt organisiert mit seinen Mitstreitern große Läufe in der Region wie die Team-Challenge mit mittlerweile 20 000 Teilnehmern.

Nun haben sie einen neuen Trend erkannt, nach dem Motto: „Raus aus der Komfortzone, ab ins Elbsandsteingebirge.“ Was wie ein lockerer Werbespruch klingt oder sich nach Familienausflug anhört, ist eine Grenzerfahrung der etwas anderen Art. Am Samstag, 7 Uhr, startet die Premiere des Adventure Walk, einer Extremwanderung von Dresden nach Rathen. „Früher habe ich mit den Augen gerollt, wenn mich meine Eltern über die Berge geschleppt haben“, sagt Schmidt. Im vorigen Jahr hat der Marathonläufer dann mit einem Kumpel in sechs Tagen die Alpen zu Fuß überquert.

Wandern hat schon lange sein verstaubtes Seniorenimage abgeschüttelt. Spätestens seit Comedian Hape Kerkeling auf dem Jakobsweg pilgerte und darüber einen Bestseller schrieb, ist der Outdoorsport in Deutschland auch bei jüngeren Menschen groß angesagt. Dass die Organisatoren mit ihrem Adventure Walk den Zeitgeist treffen, zeigen die Anmeldezahlen: ausverkauft zur Premiere, und das ohne groß Werbung dafür zu machen. Über die 50 Kilometer starten am Samstag vor Sonnenaufgang 1 000 Teilnehmer am Schillergarten. Es geht über das Blaue Wunder, die Elbhänge hinauf übers Schönfelder Hochland zur Burg Stolpen. Dort stoßen am Mittag rund 800 Teilnehmer für die 25 km dazu. Das Ziel für alle ist der Kurort Rathen.

„Der Adventure Walk ist auch ein Weg zu uns selbst. Man lernt eigene Grenzen kennen und überwindet sie“, sagt Schmidt, der „eine wundervolle Wanderkulisse und das Gefühl, etwas Großes erreicht zu haben“, verspricht. Immerhin 900 Höhenmeter auf 50 Kilometer sind zu bewältigen. Wenn man von einem durchschnittlichen Wandertempo von 5 km pro Stunde ausgeht, werden die Teilnehmer zehn Stunden und mehr unterwegs sein. Pausen sind da noch nicht eingerechnet. Als Faustformel gilt: so kurz wie möglich, aber so lange wie nötig. Es ist viel Kopfsache.

Die Idee der Langstreckenwanderung ist nicht neu. In diesem Jahr ist es schon die dritte, die von Dresden in die Sächsische Schweiz führt. Im März fand der 50-km-Megamarsch mit 1 000 Teilnehmern entlang der Elbe nach Bad Schandau statt. Und Anfang Oktober hatten sich 250 Wanderer gefunden, um beim Elbsteigermarsch sogar 64 Kilometer zurückzulegen. Der Zuspruch für den Abenteuergang überrascht die Laufszene dann doch ein wenig. „Aber wir sind eine starke Agentur, die sich dem Ausdauersport verschrieben hat. Die Leute wissen, was sie bei uns an Qualität bekommen“, meint der Geschäftsführer.

Den Megamarsch hatte eine Agentur aus Mönchengladbach organisiert, die mit ihrem Konzept auch durch andere Städte tourt. Unter den Teilnehmern gab es damals nicht nur Lob, manche bemängelten die Verpflegung, einige erlebten sogar, dass das Ziel schon abgebaut war. „Wir können es auch, nur besser“, sagt Schmidt selbstbewusst. Und im Ziel sei nicht Schluss für das Geld. In Rathen, wo ab 16 Uhr die ersten Wanderer ankommen, steigt eine große After-Walk-Party mit Liveband.

Der Weg ist das Ziel, das betonen die Organisatoren, und Zeiten sind an diesem Tag unwichtig. Trotzdem ist um 22 Uhr Zielschluss. Viele Läufer werden die letzten Kilometer in der Dunkelheit mit Stirnlampe wandern, denn 17.47 Uhr geht in Rathen die Sonne unter. Ein Hungerast dürfte unterwegs nicht auftreten. Auf der gesamten Strecke gibt es insgesamt fünf Verpflegungsstellen mit Fettbemmen, Nutella-Broten, kalten Kartoffeln, gekochten Eiern – also alles, was ein Wanderer gern bei der Rast aus seinem Rucksack hervorkramt.

Kühles, aber trockenes Wetter ist für die Premiere vorhergesagt. „Ordentliches Schuhwerk, Kleidung nach dem Zwiebelprinzip, Stirnlampe“ sind für Schmidt die wichtigsten Utensilien für die Extremtour, und er hat noch einen Tipp: „Regelmäßig trinken.“ Der Adventure Walk ist kein Sonntagsspaziergang am Samstag.