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Bowling im „Königreich Deutschland“

Das Bowling-Center Kamenz bezieht sich auf ein Staatskonstrukt, das es nicht gibt. Was will der Unternehmer damit erreichen?

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© Matthias Schumann

Von Frank Oehl

Kamenz. Seit Anfang des Jahres sorgt das Bowling-Center in Kamenz für Aufmerksamkeit mit einer selbstgewählten Zuordnung zum Königreich Deutschland (KRD). Dieses hat Peter Fitzek in Wittenberg ausgerufen. Der Kamenzer Unternehmer Lars Juschten bekennt sich nun offenbar als einer seiner Untertanen.

Denn laut seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist der Hauptsitz des Bowling-Centers vorübergehend vom Garnisonsplatz in Kamenz an den Petersplatz 6 in Wittenberg gewandert, wie man auch im Impressum der Bowling-Center-Internetseite nachlesen konnte. Da war ja sogar eine Identifikationsnummer des „VGD-Service Lars Juschten“ im „Königreich Deutschland“ abgedruckt. Und neue AGB und so weiter. Inzwischen rudert der Betreiber etwas zurück. Ein Kundenaushang zur neuen Lage seiner Unternehmung im Staate wurde wieder entfernt und auch die Internetseite wieder geändert. Nur die AGB blieben zunächst unangetastet – bis Freitag letzter Woche. „Mit dem Betreten unserer Räumlichkeiten sind Sie temporär Staatszugehöriger des Königreiches Deutschland und damit einverstanden. Es entstehen keine weiteren Rechte und Pflichten.“

Nun, Letzteres mag dem einen oder anderen Kunden völlig egal sein – aber bei Weitem nicht allen. Im Bowling-Center befindet sich auch ein Restaurant, das nun ebenfalls im frei erfunden KRD liegt. Deshalb fragte eine Vermessungsoberinspektorin des Landratsamtes Bautzen halb ernst, halb scherzhaft nach: „Wenn ich beim Mittagessen das Staatsgebiet verlasse, mache ich mich da womöglich strafbar?“

Und auch am SZ-Lesertelefon wurde bereits die Vermutung geäußert, dass „der Juschten jetzt offenbar bei den Reichsbürgern ist – oder was?“ Wer sich mit dieser Frage direkt an den Tresen im Bowling-Center wendet, bekommt eine zweiseitige Erklärung von Lars Juschten in die Hand gedrückt. „Ich bin kein Reichsbürger, ich kenne keine Reichsbürger, ich sympathisiere nicht mit Reichsbürgern und bis vor Kurzem wusste ich nicht einmal, was Reichsbürger sind.“

Als ob es auf den Begriff allein ankomme! Das neueste Beobachtungsobjekt des sächsischen Verfassungsschutzes ist mit „Reichsbürger und Selbstverwalter“ überschrieben, und das Reich des selbst ernannten Königs Peter Fitzek I. fällt durchaus mit einer Art „Selbstverwaltung“ auf. Da werden zum Beispiel eigene Autokennzeichen ausgegeben, Fantasie-Führerscheine gedruckt und illegale Königreichbank-Filialen aufgemacht. Derzeit sitzt der Wittenberger wegen mehrerer Vorwürfe in Untersuchungshaft – und die Veruntreuung von Geld seiner Gefolgschaft, die offenbar in die Hunderte geht, soll durchaus dabei sein, wie es heißt.

„Bewusstseinswandel“ des Betreibers

Mit all dem will Juschten, der seiner verwirrten Kundschaft nicht nur den Besuch der Königreich-Internetseite, sondern auch des Königreiches selbst empfiehlt, nichts zu tun haben. Er sieht sich in einem „Bewusstseinswandel“, der viele Menschen erfasst habe. „Ich will meine Energie endlich für eine bessere Welt einsetzen.“

Der „Aufwachprozess“ habe bei ihm 2008 begonnen, jetzt habe er – nach vielen Fehlern – für sich selbst einen Weg zur Wahrheit gefunden. Dass dieser immer wieder diffamiert und ins Lächerliche gezogen werde, bestärkt den 43-Jährigen in seiner Haltung offenbar: „Das alte System bekämpft das KRD mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln.“