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Biedenkopf findet deutliche Worte zu Sachsen

Die Schuld am schlechten Wahlergebnis der CDU im Freistaat trage der Ministerpräsident. Für das Amt fehle ihm die „Vorbildung“, so sein Vorgänger.

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© dpa

Andrea Schawe

Dresden. Sachsens ehemaliger Ministerpräsident Kurt Biedenkopf gibt seinem Nachfolger Stanislaw Tillich (beide CDU) Schuld am schlechten Abschneiden der Union in Sachsen. „Ich sorge mich um mein Lebenswerk“, sagte Biedenkopf der Wochenzeitung Die Zeit mit Blick auf das Ergebnis der AfD bei der Bundestagswahl.

Biedenkopf kritisierte seinen Nachfolger deutlich. Für das Amt des Ministerpräsidenten fehle Tillich die „Vorbildung“, sagt der 87-Jährige. Tillich sei für das Amt ursprünglich nicht vorgesehen gewesen: „Er hat das nie gelernt.“ Ein Ministerpräsident dürfe nicht scheu sein, wenn es um Entscheidungen gehe. „Er lebt ein bisschen in einer anderen Welt, ist primär interessiert an Kompromissen“, so Biedenkopf. „Ein Ministerpräsident ist aber etwas anderes als ein Präsident“.

Biedenkopf war von 1990 bis 2002 Sachsens Ministerpräsident. Er hatte Tillich 1999 in sein Kabinett berufen, er war bis 2002 Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten. Im Kabinett des folgenden Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) war Tillich erst Chef der Staatskanzlei, danach übernahm er den Posten des Umwelt- und später den des Finanzministers. 2008 schlug Milbradt ihn in seiner Rücktrittserklärung wegen der Affäre um die Landesbank als Nachfolger für das Amt des Ministerpräsidenten vor.

Die Sachsen seien mit ihrer Regierung unzufrieden. „Sie können es nicht vertragen, wenn sie das Gefühl haben, nicht gut regiert zu werden“, so Biedenkopf. „Wenn die Polizeiausstattung fehlt, wenn die Sicherheit an den Grenzen nicht funktioniert, wenn die Lehrer nicht ausreichen, fühlen sich die Menschen unsicher.“

Nun werde es schwierig sein, die Leute zurückzugewinnen. „Jetzt an die Bevölkerung zu appellieren, wieder CDU zu wählen, wäre wohl wirkungslos“, sagt der Politiker. „Da macht man sich lächerlich. Die CDU regiert seit 27 Jahren.“

Den Versuch Tillichs, einen Rechtsruck anzustreben, hält der Alt-Ministerpräsident für vergebens. Im Landtag säßen bereits AfD-Abgeordnete. „Wie willst du rechts von denen ankommen? Jetzt ist es zu spät“, so Biedenkopf. Tillich hatte nach dem historisch schlechten Wahlergebnis der Union einen Kursschwenk der CDU nach rechts sowie eine schärfere Asyl- und Einwanderungspolitik gefordert.

Biedenkopf würde sich den bisherigen Bundesinnenminister Thomas de Maizière als Nachfolger für Tillich wünschen. „Ich würde mich natürlich freuen, ihn noch einmal in Sachsen zu sehen“, sagt Biedenkopf. Aber: „Thomas de Maizière hat eine Bombenstellung in Berlin, und wenn er nicht sich selbst sagt, dass er jetzt über 60 ist und noch mal eine Altersbeschäftigung in Sachsen sucht - dann kommt er auch nicht nach Dresden.“