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Aue und Bad Schlema sagen „Ja“

Die Einheitsstadt Silberberg wollte die größte Kommune im Erzgebirge werden. Knapp drei Jahrzehnte später fusionieren nun nur Aue und Bad Schlema - vorerst. Endgültig vom Tisch ist die Idee nicht.

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© Claudia Drescher/dpa

Von Claudia Drescher

Bad Schlema. Von einer Liebesheirat kann nicht die Rede sein. Doch nach fast 30 Jahren Hin und Her wollen sie zumindest endlich „Ja“ zueinander sagen: Ab dem 1. Januar 2019 soll es die Große Kreisstadt Aue-Bad Schlema geben. Ein entsprechender Vertragsentwurf liegt vor und soll im Juli in beiden Stadträten beschlossen werden. „Wir wollen endlich machen und nicht mehr nur reden“, sagt Bad Schlemas Gemeindechef Jens Müller (Freie Wähler). Dabei soll das Zweierbündnis ausdrücklich ein Anfang sein und nicht das Ende der viel diskutierten Einheitsstadt Silberberg, betonen er und sein Auer Amtskollege Heinrich Kohl (CDU).

Seit Anfang der 90er Jahre gibt es im Westerzgebirge die Idee, eine einwohnerstarke Einheitsgemeinde zu bilden - Projektname „Silberberg“ in Anlehnung an die Bergbau-Tradition. Die Städte Aue, Lößnitz und Schneeberg sowie der Kurort Bad Schlema einigten sich 2006 auf einen gemeinsamen Weg. Weil aber laut Müller rund acht Millionen Euro Grunderwerbssteuer auf die fusionswilligen Gemeinden zugekommen wären, lag das Projekt viele Jahre auf Eis. Doch auch nach dem Wegfall dieser Hürde im Jahr 2013 kamen die Beteiligten nicht in Tritt. Unzählige Arbeitstreffen und eine Kommunalwahl später stieg Schneeberg 2016 aus und es waren nur noch drei.

Während Aue und Bad Schlema das Thema nun zügig vorantreiben wollten, trat Lößnitz auf die Bremse. „Im Detail haben wir unterschiedliche Vorstellungen. Wir wünschen uns mehr Bürgerbeteiligung und wollten daher erst einmal den Druck rausnehmen“, sagt Bürgermeister Alexander Troll (CDU).

Demnach solle sich auch nach einem Zusammenschluss jeder Ort mit seinen Besonderheiten wiederfinden. Dass mit dem Verlust der rechtlichen Eigenständigkeit auch die Identität verloren gehen könnte, sei die Befürchtung vieler Bürger. „Die Bürger drängen uns zur Zeit nicht, das ist wahr“, räumt auch Aues Stadtchef Kohl ein. In Bad Schlema gibt es eine Bürgerinitiative gegen die Fusion, die unter anderem bemängelt, dass es keinen Bürgerentscheid gab. Allerdings seien die Bürger in Form einer Anhörung zum Vertragsentwurf beteiligt worden, entgegnet Müller.

Tatsache sei jedoch, dass die Ehe kein Herzenswunsch, sondern Einsicht in die Notwendigkeit sei. Die Kommunen stünden vor stetig sinkenden Einwohnerzahlen, steigenden Kosten für Pflichtaufgaben und freiwillige Leistungen. Hinzukommt der demografische Wandel. „Diese Probleme müssen wir alle lösen, egal wie groß wir sind“, sagt Müller. Doch der Finanzausgleich basiert auf der Anzahl der Einwohner: Wer größer ist, bekommt überproportional mehr. Aue-Bad Schlema rechnet demnach ab 2019 mit einer Million Euro mehr aus Dresden. Gemeinsam hätte die neue Stadt etwa 21 000 Einwohner, rund 4 800 in Schlema, 16 400 in Aue.

Laut Sächsischem Innenministerium haben sich die kommunalen Gebietsstrukturen seit 1990 in mehreren Phasen verändert, darunter zwei Reformen auf Landkreisebene. Im Ergebnis hat sich die Zahl der Landkreise von 48 auf gegenwärtig zehn reduziert, so ein Sprecher. Die Anzahl der Gemeinden sei von 1 626 im Jahr 1990 auf aktuell 421 gesunken. Weitere Reformen seien derzeit nicht vorgesehen. Der Freistaat halte am Grundsatz freiwilliger Gemeindezusammenschlüsse fest. Laut Sächsischem Städte- und Gemeindetag hat sich die Anzahl der Fusionen in den vergangenen fünf Jahren auf eine bis zwei pro Kalenderjahr eingepegelt.

Im neuen Aue-Bad Schlema sollen nach der Fusion die Namen der Orte erhalten bleiben. Lediglich 16 Straßen und Wege müssten aufgrund von Dopplungen umbenannt werden. Zudem sollen die Bürger weiterhin die wichtigsten Verwaltungsangelegenheiten direkt vor Ort klären können. Gestrafft werden soll vor allem die Verwaltung im Hintergrund. Mitte 2019 steht dann die Wahl eines neuen Oberbürgermeisters an.

Im Städtebund Silberberg, dem außer den beiden Heiratswilligen und Lößnitz noch Schneeberg, Schwarzenberg und Lauter-Bernsbach angehören, arbeite man außerdem weiter an der interkommunalen Zusammenarbeit, um öffentliche Aufgabe effizienter zu erledigen. „Es ist eine offene Zweierbeziehung mit möglichen zusätzlichen Partnern“, meint Kohl. Für die bislang Unentschlossenen bleibt bis zur großen Hochzeitsfeier noch ein wenig Zeit. Die fusionierte Stadt will sich zum „Der Tag der Sachsen“ 2020 bewerben. (dpa)