Merken

Arbeitseinsatz sächsischer Schüler bringt 700 000 Euro ein

Der landesweite Aktionstag „Genialsozial“ sorgt für einen Rekord, Anfeindungen und den Respekt eines zeitgleich stattfindenden Bundesprojekts.

Teilen
Folgen
© Genialsozial

Von Michael Rothe

Am Ende sind es 700 000 Euro. Andrea Büttner, Chefin der Sächsischen Jugendstiftung, und ihre Mitstreiterinnen freuen sich über den Rekord bei der 14. Auflage von „Genialsozial“. 34 000 Schülerinnen und Schüler hatten sich am 26. Juni an der freiwilligen landesweiten Aktion beteiligt und für einen Tag die Schulbank gegen einen Job in Unternehmen, Vereinen und Einrichtungen getauscht – mit dem Segen der Schule und dem Wohlwollen von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), Schirmherr der Aktion mit dem Untertitel „Deine Arbeit gegen Armut“.

... und Kenia Schulen gebaut werden.
... und Kenia Schulen gebaut werden. © Genialsozial

Auch wenn der Arbeitsplatz eher symbolisch und eine Spendenaktion der regionalen Wirtschaft ist, so zählt für Organisatoren und Geldgeber, darunter der SZ-Herausgeber DDV-Mediengruppe, der gute Zweck. Und verdientes Geld ist es in jedem Fall. Diesmal fließt das Gros der Summe in die Sicherung der Trinkwasserversorgung und Aufforstung von Regenwald in Mendoza (Philippinen), in Umweltprojekte der Ashanti-Region (Ghana), in die medizinische Versorgung von Nomaden in Naqchu im tibetischen Hochgebirge, und es hilft Bauern in Chibuto (Mosambik) beim Kauf von Ackerland.

Sachsens größte Jugendsolidaritätsaktion wird von der Jugendstiftung organisiert, einer überparteilichen Einrichtung, „offen für das ganze demokratische Spektrum“, wie Geschäftsführerin Büttner betont. Sie räumt aber ein, dass das Anliegen nicht nur auf Gegenliebe stoße, es auch kritische Anrufe und Verweigerung gebe. „Bei 60 000 beteiligten Schülern und Lehrern sind Anfeindungen aber gering“, so die 38-Jährige. Die Erziehungswissenschaftlerin ist seit 2016 Chefin eines elfköpfigen Teams von Idealisten in der Dresdner Yenidze.

„Der Grundgedanke – Wir können was bewegen und die Welt verbessern – ist in den 60er-Jahren in Norwegen entstanden“, sagt Jana Sehmisch, Projektleiterin von „Genialsozial“. „Die Hälfte des erarbeiteten Geldes fließt in Projekte in 44 Staaten Asiens, Afrikas und Südamerikas“, so die 32-jährige studierte Pädagogin. Über 30 Prozent des Lohnes könnten die Schulen selbst bestimmen. Der Rest käme der Schülerbildung zugute, etwa der Finanzierung von Wochenendseminaren für die Zwölf- bis 27-Jährigen, welche die Stiftung anspricht.

„Wir leisten keine Helikopterhilfe“

Das Spendenverteilung bei „Genialsozial“ funktioniert so: Entsandte der Schulen – die Stiftung hat 285 Partner – entscheiden jährlich in einer Jurysitzung aus einer Vorauswahl von sechs Projekten. „Erwachsene hängen sich nicht rein. Wir prüfen nur Formalien und maximale Förderdauer von fünf Jahren“, sagt Sehmisch. Dann müsse sich das Projekt selbst tragen. „Manchmal schließen wir aus Spaß Wetten ab, wie sich die Jugendlichen entscheiden werden.“

„Wir leisten keine Helikopterhilfe, bei der ein Promi einfliegt und gleich wieder weg ist“, sagt Chefin Büttner. Die Stiftung lege Wert auf Kontinuität und Transparenz. „Wir checken auch, dass vom Geld nichts durch Korruption versandet“, so Büttner. Für hohe Effizienz seien Bauingenieure und andere Experten an Bord, ehrenamtlich. Bislang seien 16 Schulen, drei Waisenhäuser und sechs Krankenhäuser gebaut, erneuert oder erweitert worden – neben weiteren Projekten für Gesundheit, Naturschutz, Bildung, Wasser und Hygiene.

„Genialsozial ist mehr als bemerkenswert“, lobt Rasmus Schmahl, Sprecher von „Schüler Helfen Leben“. Sein Verein organisiert seit Jahren am selben Tag eine ähnliche bundesweite Hilfsaktion mit Fokus auf Jugend- und Bildungsprojekte in Südosteuropa und Jordanien. Unter der Schirmherrschaft von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten dort 70 000 Teilnehmer 1,3 Millionen Euro eingespielt – kaum das Doppelte vom Sachsen-Projekt. „Auch wir spüren den Rechtspopulismus“, sagt Schmahl, der den gleichen Termin „zufällig“ nennt und mit der „schulstoffarmen Zeit vor den Sommerferien“ begründet. Die Macher beider Aktionen betonen, wegen der unterschiedlichen Adressaten nicht zu konkurrieren.

„Genialsozial“ ist das größte, aber nicht das einzige Projekt der Sächsischen Jugendstiftung. So widmet sich das Programm „Spurensuche“ der Geschichte, „Mehrwert“ setzt sich mit Diskriminierung auseinander. Interessierte können dort auch ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren.

Kaum ist der Lohn von 2018 gezählt, bereitet Jana Sehmisch die neue Saison vor. Die ersten Briefe an die Schulen sind raus, und im November beginnt die Vorauswahl. Weitere Informationen unter www.genialsozial.de