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Angeklagter gesteht Mord an Nieskyer

Stephan Kuhring hat die Tat, so wie angeklagt, eingeräumt. Die Mitangeklagte verfolgt eine andere Strategie.

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© N.Schmidt

Von Frank Thümmler

Stephan Kuhring hat zu Beginn des zweiten Verhandlungstages am Dienstag vor dem Görlitzer Landgericht den Mord am 24-jährigen Nieskyer Philipp W. eingeräumt. Sein Verteidiger Ulf Israel erklärte für ihn, dass er die Tat, so wie am ersten Verhandlungstag von Oberstaatsanwalt Sebastian Matthieu geschildert, begangen habe. Kuhring nannte zudem den 5. Februar 2017 als Todestag des Nieskyers, dessen Leichnam erst acht Tage später, am 13. Februar entdeckt wurde. Stephan Kuhring bestätigte die Angaben seines Verteidigers, ein Wort des Bedauerns oder der Versuch einer Entschuldigung kam nicht über seine Lippen. Sein Verteidiger sagte zudem, dass eine ausführliche Einlassung seines Mandanten erst erfolgen werde, nachdem er mit ihm das psychiatrische Gutachten besprochen habe, dass erst vor drei Tagen eingegangen sei. Israel kündigte eine ausführliche Aussage für den 29. August, den nächsten Verhandlungstag an.

Angeklagt sind Stephan Kuhring (33) und Anne-Kathrin Hartmann (24), den 24-jährigen Nieskyer Philipp W. ermordet zu haben. Laut Anklage soll sie das ihr bekannte Opfer in die Görlitzer Wohnung gelockt und in ein Gespräch verwickelt haben. Kuhring soll das Opfer von hinten vermutlich mit einer Bratpfanne auf den Kopf geschlagen haben. Der bewusstlose Philipp W. wurde mit Klebebändern und Kordeln auf einen Stuhl gefesselt, über den Kopf mehrere Lagen Plastiktüten gewickelt. Philipp W. ist laut Anklage infolgedessen erstickt.

Gestern schilderten in dem erneut bis auf den letzten Platz gefüllten Gerichtssaal der für die Spurensicherung verantwortliche Kriminalhauptkommissar und die sachverständige Rechtsmedizinerin ihre Erkenntnisse. Besonders schwer, die vielen Einzelheiten über die Tötung von Philipp W. zu hören, war es für die als Nebenklägerin anwesende Mutter des Opfers und dessen Schwester, die als Zuschauerin im Saal war. Beide hatten mit den Tränen zu kämpfen und verloren diesen Kampf immer wieder. Die beiden Angeklagten vermieden während der zweieinhalbstündigen Verhandlung jeden Blick in Richtung der Mutter von Philipp W. oder des Publikums. Stephan Kuchling blickte stur in Richtung der Richter, Anne-Kathrin Hartmann las in den Akten und schaute sich ohne äußere Regung in einem Ordner auch die Tatortfotos der Polizei an.

Der Polizeihauptkommissar schilderte die akribische Spurensicherung in der Wohnung in der Görlitzer Stauffenbergstraße, in der er selbst die Leiche von Philipp W. entdeckt hatte. Mieter der Wohnung waren beide Angeklagten, die zuvor in Weigsdorf-Köblitz festgenommen waren. Der Tote war hinter drei Vitrinenschränken in der Ecke des Kinderzimmers versteckt, gefesselt auf einem Stuhl sitzend, unter Taschen, überdeckt mit einem Bettbezug. Der Polizist erzählte ausführlich, wie alle möglichen Spuren gesichert wurden. Demnach hat Philipp W. die Schläge auf den Kopf im Wohnzimmer bekommen, wurde dort auf den Stuhl gefesselt und sein Kopf luftdicht mit Plastiktüten verklebt und verbunden und anschließend auf dem Stuhl sitzend ins Kinderzimmer geschleift. DNA-Spuren überwiegend von Stephan Kuhring, zum Teil aber auch von Anne-Kathrin Hartmann, wurden an der Fesselung gefunden. Der Hauptkommissar ist wegen einer bestimmten Überlappung von Klebeband und Kordel überzeugt davon, dass zwei Täter gleichzeitig die Fesselung vorgenommen haben müssen. Vor allem dagegen richteten sich die Fragen des Verteidigers von Anne-Katrin Hartmann. Er deutete damit an, dass er die Strategie verfolgt, infrage zu stellen, dass seine Mandantin an der eigentlichen Tötung von Philipp W. tatsächlich beteiligt war.

Die Aussage der Rechtsmedizinerin war nichts für zarte Gemüter. Sie kommt in ihrem Gutachten zu der Einschätzung, dass Philipp W. mindestens fünf Schläge mit einem stumpfen Gegenstand von hinten auf den Kopf bekommen habe. Wahrscheinlich nach dem ersten war er schon bewusstlos und bekam die erste Tüte über den Kopf gezogen. Betäubungsmittel oder Alkohol wurden nicht in seinem Blut gefunden. Nach den Schlägen, so das Gutachten, sei Philipp W. völlig wehrlos gewesen. Gestorben sei er maximal 20 bis 30 Minuten nach dem ersten Schlag durch Ersticken, ohne wieder aufgewacht zu sein.