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372 Reichsbürger-Verfahren seit März 2017

Sie haben ein krudes Weltbild und sind oft alles andere als harmlos. „Reichsbürger“ machen den Behörden ordentlich zu schaffen. Auch die Justiz ist gefragt.

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Dresden. Sogenannte Reichsbürger beschäftigen die sächsische Justiz in erheblichem Maß. Seit März 2017 haben Staatsanwälte im Freistaat 372 Ermittlungsverfahren bearbeitet, die einen Bezug zu dieser Szene haben. Das kam am Donnerstag durch eine Kleine Anfrage von Linke-Politikerin Kerstin Köditz im Landtag heraus. Die meisten Verfahren betrafen die Staatsanwaltschaften Leipzig (95) und Zwickau (92).

Häufig ging es um Nötigungen (145 Fälle), Urkundenfälschungen (41) und Beleidigungen (34). Aber auch Erpressungen (5), Körperverletzungen (4) und Verstöße gegen das Waffengesetz (3) spielten eine Rolle. In je einem Fall wurden Ermittlungen wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs von Kinder geführt. Insgesamt betrafen die Ermittlungen 50 verschiedene Straftatbestände.

„Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Folglich werden Institutionen der Bundesrepublik, ihre Rechtsordnung sowie hoheitliche Maßnahmen, Verwaltungsakte, Gerichtsentscheidungen, Bußgeldbescheide oder Steuerforderungen als nichtig angesehen.

Seit 1. März 2017 kennzeichnen sächsische Staatsanwaltschaften entsprechende Verfahren und Personen in einer Spezialdatenbank mit dem Attribut „Reichsbürger“. Diese Kennzeichnung wurde seitdem 222 verschiedenen Beschuldigten zugewiesen, die teils mehrfach in Erscheinung traten, wie Köditz mitteilte.

„Die Daten zeigen eindrücklich, in welchem Umfang sogenannte Reichsbürger mutmaßlich Straftaten begehen - und die Justiz vor große Herausforderungen stellen“, betonte die Politikerin. „Gut ist, dass jetzt das Ausmaß besser ermessen werden kann. Was aber fehlt, ist ein Konzept, um diese gefährliche Szene wirksam zurückzudrängen.“ Köditz sieht dabei vor allem Innenminister Roland Wöller (CDU) in der Pflicht. Zu diesem Thema habe er bislang gar nichts geliefert. (dpa)