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„Zwischenstopp“ braucht Kontinuität

In Bockelwitz finden neun Männer nach dem Entzug und vor einer Langzeittherapie Halt. Ohne Landeshilfe geht das nicht.

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© Lutz Weidler

Von Heike Heisig

Wer nach einem Drogen- oder Alkoholentzug nach Hause in die vertraute Umgebung zurückmuss, wird häufig rückfällig. Deshalb gibt es seit 2016 das Projekt „Zwischenstopp“. Bei dem helfen Mitarbeiter der Diakonie Döbeln als Träger mit Partnern wie Kommune und dem Jobcenter, die Zeit zu überbrücken. Wie das abläuft, hat sich am Mittwoch Volkmar Zschocke angeschaut. Er ist sozialpolitischer Sprecher der Grünenfraktion im Sächsischen Landtag und hat eine Initiative für mehr Wertschätzung und bessere Arbeitsbedingungen für Menschen in sozialen Berufen gestartet.

Auf dem ehemaligen Vierseithof Bockelwitz Nummer 3 kümmern sich zwei Festangestellte der Diakonie und eine Helferin, die das Amt finanziert, um die neun Männer. Die meisten nehmen die Mahlzeiten gemeinsam ein, arbeiten vormittags beim Möbelprojekt in Döbeln und gehen am Nachmittag ihren Hobbys nach. Das können Gartenarbeiten, Holzbau oder Sport sein. „Damit versuchen wir, Struktur in den Alltag zu bringen“, erklärte Projektleiter Michael Köste dem Landespolitiker. Einmal in der Woche könne eine Sucht- und eventuell eine Schuldnerberatung in Anspruch genommen werden. Außerdem gibt es Physiotherapie-Angebote.

Das alles will finanziert sein und braucht vor allem eines: Kontinuität. Darin sind sich Köste und Zschocke einig. Die Diakonie hilft in Bockelwitz überwiegend Betroffenen zwischen 18 und 30 Jahren, die einen Alkohol- oder Drogenentzug hinter sich, aber meist noch nicht lange genug in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Für sie gibt es sozusagen ein Auffang- und Finanzierungsloch. Das haben bisher der Landkreis und auch der Freistaat gefüllt.

Wegen des Doppelhaushaltes jedoch ist Träger, Mitarbeitern und Betroffenen selbst nach zwei Jahren immer bange, ob wieder Geld eingestellt wird, die Arbeitsverträge weiterlaufen und das Projekt fortgeführt werden kann. Das Zittern wird zum Jahresende hin immer größer. Erst dann debattieren die Politiker in Dresden über das Geld für 2019/2020. Und ehe das fließt, muss der Träger vorfinanzieren – oder schlimmstenfalls pausieren. Das hieße, im Januar müsste die Diakonie Mitarbeiter und die ehemaligen Suchtkranken heimschicken.

Das alles hört Volkmar Zschocke bei seiner Sachsentour und bei seinem Besuch sozialer Einrichtungen wieder und wieder. Daher wird er in seiner Meinung bestärkt: „Eine institutionelle oder projektbezogene Förderung wäre besser als das jetzige Gießkannenprinzip nach Einwohnerzahlen. Das berücksichtig nicht die tatsächliche Betroffenheit, die in den einzelnen Landkreisen ganz unterschiedlich ist“, so der Grünenpolitiker. Er nickte, als ihm Michael Köste erzählte, dass dieser Umstand auch für die Mitarbeiter unbefriedigend ist, die wegen ständiger Befristungen längerfristig weder beruflich noch privat planen können. Das sei mitnichten förderlich, Fachkräfte zu halten beziehungsweise zu finden.

Mit seiner Initiative will Zschocke seine Landtagskollegen parteiübergreifend dafür gewinnen, mehr Verständnis für die sozialen Berufe zu zeigen und Entscheidungen zu treffen, die anders als bei Lehrerschaft und Polizei einen Fachkräftemangel entgegenwirken. Außerdem geht es ihm darum, soziale Arbeit verlässlich zu finanzieren.

soziale-arbeit-sachsen.de