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Zum Denkmalstag auf Ab(wasser)wegen

30 Interessenten gehen auf Tour zum Hauptpumpwerk. Der historische Anlass wird zum Blick in die Zukunft.

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© Anne Hübschmann

Von Thomas Riemer

Großenhain. Was passiert, wenn wir die Toilettenspülung betätigt haben? Wohin fließen die Abwässer? Justin (8) und Moritz (5) haben sich solche und ähnliche Fragen wahrscheinlich schon öfter gestellt. Für ihre Mutti Christin Hollmann war dies allemal ein Anlass, mit ihren beiden Jungs zur Entdeckungstour beim Tag des offenen Denkmals zu gehen. „Die kanalisierte Wanderung unseres Abwassers“ hatten sie Jörg Withulz, Eventmanager im Großenhainer Rathaus, und Kai Czyszke vom Sachgebiet Tiefbau/Abwasser überschrieben. Und Withulz sah sich ob der Resonanz von rund 30 Besuchern bestätigt.

Zwischen der Grundschule Am Schacht und dem Hauptpumpwerk nahe der Albertmühle – der ehemaligen Kläranlage – führte der Weg. „Abwasser – das ist ein Wirtschaftszweig, der immer mehr die Umwelt berücksichtigen muss“, ist sich Kai Czyszke sicher. Über rund 150 Kilometer lange Kanäle, von denen 85 Prozent in den letzten 40 Jahren erneuert wurden, wird Großenhain derzeit ver- oder besser entsorgt. Etwa aller 80 Jahre müssen die Kanäle erneuert werden. Zwar sind alle Großenhainer Ortsteile mittlerweile erschlossen, gibt es noch Restarbeiten wie derzeit an der Merschwitzer Straße. Doch die Zeit wird kommen, da wieder neue Rohre und Anschlüsse verlegt werden müssen.

Was sich da im weit verzweigten und doch akribisch ausgeklügelten Netz abspielt – der Rundgang lieferte zu all diesen Themen einen klitzekleinen Einblick. Das System im und um den Stadtpark gehört zur älteren Kanal-Generation, wurde in den 1950er Jahren gebaut. Doch die Anforderungen an ein modernes Abwassernetz haben sich in den letzten Jahren enorm erweitert. Vorbei die Zeiten, da es aus der Gosse zum Himmel stinkt. Dass es trotz aller Wünsche und Aufforderungen auch immer wieder „schwarze Schafe“ bei der Entsorgung gibt, darf nicht vergessen werden. Groß ist der „Schatz“ an Fundstücken: Selbst Fahrräder und Kinderwagen haben die Experten vom Abwasserzweckverband „Gemeinschaftskläranlage Großenhain“ bereits aus Kanälen und Sammlern schon herausgefischt. Ganz zu schweigen von etwaigen „Pumpenkillern“ wie Feuchttücher oder Wattestäbchen, Plastikmüll, Ziegelsteine und anderes Baumaterial, Gebiss oder Brille.

Ein weiterer Aspekt, der sich in jüngerer Vergangenheit hinzugesellt hat, ist der Schutz vor ergiebigen Regenfällen bis hin zu Hochwassern. „Wasser sucht sich seinen Weg – da kannst Du nur schützen. Denn niemand weiß, was vom Himmel fällt“, sagt Mark Freitag, Techniker für den Bereich Kläranlagen/Pumpwerke im Zweckverband. Kai Czyszke stimmt zu. „Es wird keinen Komplettschutz vor Überflutungen geben können“, sagt er. „Die bestehenden Regenkanalsysteme reichen auf Dauer wohl nicht mehr aus“, ergänzt er angesichts des Klimawandels der letzten Jahre.

Und so wird der Rundgang zum „Tag des offenen Denkmals“ letztlich ein Blick in die Zukunft. Derzeit praktizierte Verfahren werden so immer wieder auf den Prüfstand geraten. Neue Begriffe, etwa die Sponge City – zu deutsch Schwammstadt – sind längst Gegenstand von Überlegungen, wie man künftig mit steigender Hitzebelastung und größeren Wassermengen umgehen könnte.

Für Kai Czyszke ein spannendes Thema, auch angesichts der Tatsache, dass sowohl Trinkwasserversorgung als auch Abwasserentsorgung in Großenhain zu vernünftigen Preisen abgesichert werden. Die Menschen dafür zu sensibilisieren, dass jeder Frevel letztlich irgendwann ans eigene Geldtäschchen geht, auch das war ein Grund für die rund zwei Kilometer lange Wanderung.

Jörg Withulz bringt es auf den Punkt: „Wir hoffen, dass Sie an diesen Rundgang denken, wenn sie zu Hause den Wasserhahn aufdrehen.“