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Zug oder Straßenbahn?

Experten haben untersucht, wie sich Ottendorf mit dem Dresdner Nahverkehr besser verzahnen lässt. Die wichtigste Frage blieb offen.

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© VVO/Schmidt

Von Sebastian Kositz

Ottendorf-Okrilla. Mit Spannung waren die Ergebnisse erwartet worden, doch was die Fachleute jetzt auf den Tisch gepackt haben, dürfte die bei vielen geweckten großen Erwartungen erst einmal enttäuschen. Nach monatelangen Untersuchungen liegen nun Ergebnisse der vom Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) in Auftrag gegebenen Studie zur Nahverkehrsanbindung der Großgemeinde Ottendorf-Okrilla vor. Dabei bleibt allerdings die Frage, ob zwischen Dresden und Ottendorf auch weiterhin der Zug oder möglicherweise doch künftig die Straßenbahn rollt, ungeklärt. Zugleich lassen die Ergebnisse aber durchaus Raum für Interpretationen und machen eines sehr deutlich: An der jetzigen miesen Anbindung muss und soll sich was ändern. Die SZ erklärt die wichtigsten Erkenntnisse.

Das Problem: Ottendorfs aktuelle ÖPNV-Anbindung taugt nichts

Was die Pendler täglich erleben und vorab auch von Experten des VVO offen ausgesprochen wurde, haben die Fachleute jetzt bestätigt: So wie der Öffentliche Nahverkehr derzeit zwischen Dresden und Ottendorf rollt, kann’s nicht weitergehen. Im Vergleich mit anderen Umlandgemeinden ergeben sich eklatante Defizite. Der Zug fährt mit seinem Stundentakt zu selten, genutzt werden die Triebwagen fast nur für den Weg zur Arbeit oder Schule. Anderswo setzen die Menschen verstärkt auch in ihrer Freizeit auf Bus oder Bahn. Obendrein sehen die Fachleute ein Problem beim bequemen Erreichen der Innenstadt, weil der Zug nur bis zum Neustädter Bahnhof fährt.

Der Ausweg: Das Nahverkehrsangebot muss deutlich attraktiver werden

Aktuell fahren nur etwas mehr als 1 000 Menschen täglich zwischen Ottendorf-Okrilla Süd und Dresden mit dem Zug. Die Fachleute glauben an ein größeres Potenzial – wozu das Angebot aber deutlich attraktiver gestaltet werden muss. Auch diese Ansicht ist nicht neu, mit der Studie sind nun aber eine ganze Reihe von Varianten, mit denen der Nahverkehr zwischen Dresden und Ottendorf besser verzahnt werden könnte, gegenübergestellt worden.

Dabei untersuchten die Experten einerseits verschiedene Optionen, wie der bestehende Schienenstrang nach Königsbrück künftig besser genutzt werden kann. Zugleich wurde aber auch die Verlängerung der Linie 7 ab Weixdorf bis nach Ottendorf, in einzelnen Varianten gar bis nach Königsbrück, durchgecheckt. Das Ergebnis: Sowohl mit dem Zug als auch mit der Tram ließe sich das Angebot verbessern. Aus den vielen Szenarien haben die Fachleute zwei konkrete Varianten herausgepickt: eine Lösung mit der Eisenbahn, eine weitere mit der Straßenbahn. Nur eine der zwei Vorzugsvarianten wird das Rennen machen. Dazu werden beide Lösungen zunächst einer Nutzen-Kosten-Untersuchung unterzogen. Schlussendlich muss ein Lenkungskreis entscheiden, ob künftig der Zug oder doch die Tram nach Ottendorf rollt.

Variante 1: Halbstundentakt auf der Eisenbahnstrecke bis Ottendorf Nord

Um die bestehende Eisenbahnverbindung aufzumöbeln, müssen nach Ansicht der Experten zwei wesentliche Dinge geändert werden: der Takt und die Verlängerung der Linie bis zum Dresdner Hauptbahnhof. Deshalb sieht die Variante mit dem Zug vor, dass künftig zwischen dem Dresdner Hauptbahnhof und Ottendorf-Okrilla Nord alle 30 Minuten ein Triebwagen fährt, der Takt somit verdoppelt wird. Der Einstundentakt bis Königsbrück bleibt unangetastet, jeder zweite Zug würde dann auch weiterhin durch die Laußnitzer Heide rollen. Zugleich sieht die Zug-Variante vor, Strecke und Bahnhöfe auf Vordermann zu bringen, um die Geschwindigkeit der Züge zu erhöhen und das Angebot Eisenbahn insgesamt attraktiver für Fahrgäste zu gestalten.

Variante 2: Straßenbahn rollt künftig ab Weixdorf weiter bis nach Ottendorf

Statt der Eisenbahn könnte künftig auch die Tram bis Ottendorf fahren. Das jetzt vorgeschlagene Szenario sieht eine Verlängerung der Straßenbahngleise ab Weixdorf bis nach Ottendorf-Okrilla Nord vor. Während die Straßenbahnen bis Weixdorf auch weiterhin im Zehn-Minuten-Takt fahren würden, ist für den Abschnitt Weixdorf-Bad bis Ottendorf-Okrilla Nord ein 30-Minuten-Takt angedacht, in der Hauptverkehrszeit sollen die Trams gar alle 20 Minuten rollen. Laußnitz und Königsbrück würden bei dieser Variante definitiv den Gleisanschluss einbüßen, stattdessen per Bus im Halbstundentakt an die neue Endhaltestelle in Ottendorf angebunden werden.

Die Tendenz: Millioneninvestitionen für die Tram, höhere Unterhaltung für Zug

Schon jetzt steht fest: Der Umbau der Strecke für die Straßenbahn wird deutlich teurer als die Ertüchtigung der Eisenbahngleise. Bei der Tram stehen Kosten von 40 Millionen Euro im Raum, der Zug wäre mit sieben  Millionen klar günstiger. Im Gegenzug ist der Betrieb einer Straßenbahn prinzipiell günstiger. Was sich auf Dauer rechnet, muss jetzt durch die angeschobene Nutzen-Kosten-Analyse geklärt werden.

Weil die Frage Zug oder Tram auch eine politische ist, könnten die Investitionskosten – die aus öffentlichen Kassen erst einmal auf den Tisch gelegt werden müssen – das Pendel schnell Richtung Eisenbahn ausschlagen lassen. Zugleich gilt aber auch: Eben weil die Entscheidung letztlich eine politische ist, sind Investitionskosten kein unüberbrückbares Argument.