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Zu wenig Bäume nach Kahlschlag in Dresdens Innenstadt

Überall, wo im Zentrum gebaut wurde, ging das zulasten des Grüns. Das Ergebnis sind Steinwüsten.

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Von Bettina Klemm

Dresden ist zu einer steinernen Stadt geworden. Das haben Stadtplaner und Architekten sogar gewollt. Sie sprechen von Dichte und Urbanität. Umweltaktivisten nahmen es oft zähneknirschend in Kauf, den Aufschwung wollten auch sie nicht behindern. Sichtbar sind die Ergebnisse nun am Postplatz, Neumarkt und Altmarkt.

Messungen und Beobachtungen des Dresdner Umweltamtes haben gezeigt, dass die Stadt in der Sommerhitze auch nachts nicht mehr richtig abkühlt. So lagen beispielsweise die abendlichen Temperaturen am Postplatz um 6,5 Grad höher als im Großen Garten. Bänke, die in der Sonne stehen, werden nicht genutzt, erläutert Umweltamtsleiter Christian Korndörfer. „Damit sich die Menschen künftig in der Stadt wohlfühlen, brauchen wir etwa alle 150 Meter Bäume mit tiefen Wurzeln“, fordert er.

Vielleicht sind die Dresdner auch verwöhnt von alten Zeiten. Weil damals das Geld zum Bauen im großen Stil fehlte, wuchsen vielerorts Bäume. Es ist noch keine 15 Jahre her, da war die Fläche, auf der heute das Karstadt-Kaufhaus steht, ein Park mit Plastiken. Auch am Altmarkt gab es statt Geschäftshäusern Bäume. Die Webergasse war nur eine kleine Ladenstraße, links und rechts wuchsen Bäume.

Heutzutage werden mit Ach und Krach wenige Platanen vor der künftigen Centrum-Galerie erhalten. Am Altmarkt gibt es nur noch zehn Kugelahornbäume, und auch deren letztes Stündchen soll nach Ansicht der Stadtplaner geschlagen haben. Vor der Altmarkt-Galerie wachsen zwar 21 neue Hainbuchen, doch deren Schatten kann im Sommer nur genießen, wer sich in der Gaststätte etwas bestellt. Für die Erweiterung der Galerie wurde nun der letzte Grünstreifen vor dem Lindehaus abgeholzt. Stattliche Bäume fielen auch an der Wall- und Wilsdruffer Straße. Und das sind nur wenige Beispiele. Der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten, bestätigt auch Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP), zu dessen Geschäftsbereich das Umweltressort gehört. „Wir müssen auf die Veränderungen reagieren, lernen, mit ihnen umzugehen“, sagt er. Es gelte, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um die Klimaveränderungen auch als Chance zu nutzen. Regklam heißt ein entsprechendes Forschungsprojekt, um Anpassungsstrategien nicht nur für Dresden, sondern für Deutschland zu finden.

Das neue Leitbild für die Innenstadt spricht nur noch von einer kompakten Stadt. Es sieht wie auch der Landschaftsschutzplan viel mehr Bäume und Verbindungen von Grünflächen vor, wie sie mit dem Grünzug an der Weißeritz entstanden sind. Übrigens gab es in den 1930er Jahren in Dresden 60000 Straßenbäume, heute sind es mehr als 10000 weniger.