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Zu viele Rebflächen im Elbland

Jahrelang waren neue Weinberge heiß begehrt. Jetzt gibt es plötzlich zu viel davon.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Redlich und Peter Anderson

Elbland. Das Wachstum des Weinanbaugebiets Sachsen scheint an Grenzen zu kommen. Zwei der drei größten Hersteller sind dabei, ihre Flächen zu konsolidieren, und verzichten auf weitere Weinberge. Der Chef des Weinguts Proschwitz Georg Prinz zur Lippe bekräftigte gegenüber der SZ seine Pläne, rund 15 Hektar verpachten zu wollen. An einen Verkauf sei dagegen nicht gedacht. Pächter der Fläche war ursprünglich Schloss Wackerbarth. Doch das Staatsweingut sieht jetzt keinen Bedarf mehr. Veräußern möchte Sachsens größtes Privatweingut zudem den Kellerbereich seines Betriebshofes in Zadel bei Meißen.

In Radebeul verfolgt Wackerbarth-Geschäftsführerin Sonja Schilg ebenfalls Verkaufspläne. 2010 hat Schloss Wackerbarth von einem Winzerkollegen 10,3 Hektar Rebfläche in Dölzschen, Reichenbach und Polenz übernommen, da dieser gesundheitlich nicht mehr in der Lage war die Flächen selbst zu bewirtschaften. Nachdem die Sächsische Staatsweingut GmbH in den vergangenen Jahren die Ertragssituation und Wirtschaftlichkeit dieser linkselbischen Rebflächen verbessert hat, führt sie diese nun wieder dem freien Markt zu, heißt es auf die Nachfrage, warum man sich von Rebflächen trennt.

Bereits seit 2015 bestehe die Absicht, sich von diesen Flächen zu trennen. Vier Weinbaubetrieben in Sachsen wurden die Flächen in diesem Zusammenhang angeboten. Seit diesem Jahr hat Schloss Wackerbarth für die linkselbischen Flächen einen Bewirtschaftungsvertrag mit der aus der Meißner Region stammenden Winzerfamilie Zieger abgeschlossen. Diese besitze eine jahrzehntelange Erfahrung und Kompetenz im sächsischen Weinbau und verfügt auch über die entsprechenden Kapazitäten, so Wackerbarth-Sprecher Martin Junge.

Hans Albrecht Zieger ist Geschäftsführer der Winzervereinigung Freyburg, also der Weinerzeuger von Saale/Unstrut, die damit in Sachsen Einzug halten. Goldriesling, Kerner, Grauburgunder und Müller-Thurgau, sowie die roten Rebsorten Dornfelder, Spätburgunder, Frühburgunder und Regent werden auf den linkselbischen Flächen angebaut.

Das Sächsische Staatsweingut, heißt es von dort, verpflichtet sich, die Trauben von rund 5,8 Hektar der linkselbischen Flächen übergangsweise auch weiterhin für seinen Sekt zu nutzen. Darüber hinaus habe Schloss Wackerbarth in den vergangenen Jahren die Ertragssituation und Wirtschaftlichkeit seiner Weinberge verbessert und das eigene Traubenaufkommen nachhaltig gesichert. Auf der Seußlitzer Heinrichsburg, in Weinböhla und Radebeul hat das Sächsische Staatsweingut seit 2006 rund 34 Hektar Rebfläche in Direktzuganlagen aus DDR-Zeiten auf eine moderne Bewirtschaftung und marktfähige Rebsorten umgestellt, so Junge. Nach einem Flächentausch mit sächsischen Landwirten hat Wackerbarth in den Jahren 2011 und 2012 in Laubach bei Großenhain außerdem eine Gesamtfläche von 6,7 Hektar mit den Rebsorten Riesling, Spät- und Weißburgunder sowie Blaufränkisch aufgerebt.

Für das Herstellen seiner Sekte kauft Wackerbarth von privaten Winzern und Traubenerzeugern im Elbtal die Trauben und Grundweine zu. Bei Bedarf verkauft Wackerbarth seine eigenen Trauben und Grundweine aber auch an Kollegen.

Die neuen Angebote von sächsischen Rebflächen haben Begehrlichkeiten geweckt. Und wie das Wackerbarth-Management bestätigt, auch schon Abnehmer gefunden. Hans Albrecht Zieger sowie der Aufsichtsratsvorsitzende der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut Andreas Silbersack betonen allerdings, dass sie hier an der Elbe nicht für ihre Winzervereinigung, sondern als Privatleute investieren.

Nichtsdestotrotz sorgt dieses Engagement in Winzerkreisen für Spekulationen. Von einer Billigkonkurrenz mit einer Weinlinie für Supermärkte ist da die Rede oder gar von einem getarnten Einstieg der Rotkäppchen-Sektkellerei in Sachsen. Das Unternehmen unter dem Dach der Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien GmbH hat in den letzten Jahren einen beachtlichen Expansionsdrang gezeigt. So schluckten die Freyburger im November 2015 die italienische Aperitif-Marke Sprizzero De Martin und im Februar 2017 die ebenfalls italienische Prosecco-Manufaktur Ruggeri.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob das langsame, aber beständige Wachstum des sächsischen Weinanbaugebiets seit der Wende zusammen mit den verbesserten Erträgen mittlerweile zu Überkapazitäten geführt hat (siehe Artikel unten). Größere Mengen des teuren Sachsenweins lassen sich offenbar nicht mehr ohne Weiteres auf dem Markt absetzen. Nicht umsonst hat der Anfang Mai neu gewählte Vorstand des Weinbauverbandes eine verstärkte Gebietsweinwerbung ganz oben auf seine Agenda gesetzt.