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Zu früher Wechsel in den Kindergarten?

In städtischen Kitas werden Krippenkinder oft mit Älteren betreut. Doch nicht jeder schätzt dieses offene Konzept.

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© Sven Ellger

Von Juliane Richter

Kleine Gruppen, weniger Trubel, mehr Behütetsein – in diesen Genuss kommen die jüngsten Krippenkinder. Manche sind gerade ein Jahr alt, wenn sie eingewöhnt werden. Doch nach einem oder anderthalb Jahren in diesem besonders geschützten Bereich ändert sich häufig ihre Situation. Dann müssen viele Zweijährige in altersgemischte Gruppen wechseln, in denen auch Kindergartenkinder bis sechs Jahre betreut werden. Die Entscheidung trifft die Kita-Leitung. „Das ist oft zu früh“, sagt eine Erzieherin, die nicht namentlich genannt werden möchte. Der Lautstärkepegel sei zu hoch und häufig fehle es den Kleinen an Rückzugsmöglichkeiten.

Laut Marco Fiedler, Sprecher des städtischen Kita-Eigenbetriebs, wird statistisch nicht erfasst, wie viele der unter 3-Jährigen in solchen gemischten Gruppen betreut werden. Diese Art der Betreuung sei aber ein „Schwerpunkt“ in diesem Altersbereich. „Kinder lernen in diesen Gruppen authentischer, sich im Spiel altersübergreifend gegenseitig zu unterstützen. Davon profitieren vor allem die jüngeren Kinder. Bei den Älteren stärkt es deren soziale Kompetenz“, sagt Fiedler. Eltern, deren Kinder zeitig in eine gemischte Gruppe wechseln mussten, bemängeln mitunter, dass sie trotz der weniger behüteten Betreuung den vollen Krippenbeitrag zahlen müssen. Dieser wird bis zum vollendeten dritten Lebensjahr fällig. Zum Vergleich: Für das erste Kind, das täglich acht Stunden in der Krippe betreut wird, sind laut Beitragssatzung derzeit rund 190 Euro monatlich zu entrichten. Für ein Kindergartenkind sind es dagegen nur rund 130 Euro. Je mehr Stunden das Kind täglich betreut wird, desto größer wird die Differenz zwischen den Beiträgen.

Marco Fiedler vom Eigenbetrieb verweist darauf, dass in den gemischten Gruppen trotzdem der jeweilige Betreuungsschlüssel eingehalten werde. Für Krippenkinder liegt er derzeit bei einem Betreuer pro 5,5 Kindern, im Kindergartenbereich kümmert sich ein Betreuer um bis zu zwölf Kinder. Deshalb müssten Eltern auch in der neuen Gruppenkonstellation den vollen Krippenbeitrag zahlen.

Sascha König-Apel, Sprecher des Stadtelternrates, weiß um die Bedenken mancher Eltern, was den frühen Wechsel angeht. „Für uns ist es eine Frage, wie die Gruppen gemischt werden. Wenn die Zwei- bis Vierjährigen zusammen sind, ist das noch okay. Wird von Zwei- bis Sechsjährigen komplett gemischt, halten wir das für schwierig.“ Aus der Erfahrung mit seinen eigenen Kindern weiß er, dass die Kleinen durchaus viel von den Großen lernen. „Es sollte aber individuell entschieden werden, welches Kind schon bereit dafür ist.“

Wieder Platznot in den Kitas

Mitunter entsteht für ihn der Eindruck, dass der Eigenbetrieb durch diese Methode des frühen Wechsels versucht, mit Macht Krippenplätze zu schaffen. Ähnliches äußert auch eine Erzieherin, die meint, dass die Nachfrage nach Krippenplätzen für die Kleinsten momentan so groß ist, dass hier schnell Platz geschaffen werden muss.

Der Kita-Eigenbetrieb widerspricht dem Vorschlag. Denn auch wenn die Kleinen in eine gemischte Gruppe wechseln, nutzen sie dort einen reinen Krippenplatz. An sich stimmt es aber, dass die Platzsituation in den Krippen derzeit wieder stark angespannt ist. Laut Marco Fiedler kann die Vermittlungsstelle derzeit nicht immer sofort einen Betreuungsplatz anbieten, vor allem wenn Eltern außerhalb des Schuljahreswechsels einen Platz benötigen. Um den Rechtsanspruch zu sichern, sei die Stadt deshalb „selbstverständlich sehr daran interessiert, in ihren Einrichtungen zeitnah Krippenplätze für die Aufnahme neuer Kinder frei zu lenken“, sagt Marco Fiedler. Mit einer Entspannung ist laut aktuellem Kitafachplan frühestens ab dem Schuljahr 2020/21 zu rechnen.

Eltern, die den Trubel in einer Kindertagesstätte umgehen wollen, können in Dresden auch auf ein breites Angebot an Tageseltern zurückgreifen. Titus Parade, Sprecher der Interessengemeinschaft Kindertagespflege, sieht hierbei seit Jahren eine sehr gute Nachfrage und Auslastung des Angebots. Dass die Plätze in den städtischen Krippenbereichen derzeit wieder etwas enger werden, sehe er insofern, dass die Dresdner Tageseltern trotz des Krippenplatzausbaus nicht unter Anfragemangel nach freien Plätzen leiden würden. Als Grund führt er den garantierten Betreuungsschlüssel von einem Erwachsenen für maximal fünf Kinder an.