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Zieht ein Feuerteufel durch Olbersdorf?

Fast 20 Brände in drei Wochen: Die Feuerwehren sind im Dauereinsatz. Und die Vorfälle werden immer ernster.

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Olbersdorf. Feuerteufel. Brandstiftung. Kein Zufall. Derzeit machen Vermutungen die Runde in Olbersdorf. Zu fast 20 Brandfällen an Böschungen, Hecken, Wiesen und Stroh musste die Feuerwehr in den vergangenen drei Wochen ausrücken, sagt die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde. Das habe es noch nicht gegeben in Olbersdorf, heißt es, und dass das Jahr bislang normal verlaufen sei – abgesehen von den vergangenen drei Wochen. Und noch etwas lässt aufhorchen: Man habe in jüngster Vergangenheit bei vielen Einsätzen die Polizei zu Brandorten gerufen, so die Feuerwehr Olbersdorf.

Am Dienstagmorgen zeigte sich das ganze Ausmaß der Katastrophe.
Am Dienstagmorgen zeigte sich das ganze Ausmaß der Katastrophe. © xcitepress
Am 1. August brannten an der Olbersdorfer Damaschkestraße eine Hecke und ein Schuppen nieder.
Am 1. August brannten an der Olbersdorfer Damaschkestraße eine Hecke und ein Schuppen nieder. © privat

Die Polizeidirektion in Görlitz hat Olbersdorf jedenfalls im Fokus. „Es wurden in den zurückliegenden Wochen im Bereich Olbersdorf vermehrt Brände bekannt, bei denen nicht auszuschließen ist, dass diese – bewusst oder unbewusst – von Menschenhand ausgelöst wurden“, sagt Polizeisprecher Thomas Knaup. „Seit Mai dieses Jahres registrierte die Polizei elf Brände im Raum Olbersdorf, bei denen der Verdacht einer Straftat bestand. Hier dauern die Ermittlungen zum Verdacht einer fahrlässigen oder vorsätzlichen Brandstiftung an.“ Von einer Brandserie sprechen will die Polizei dagegen noch nicht – selbst nicht nach dem Großfeuer vom vergangenen Wochenende, als in der Nacht zum Sonntag bei einem Olbersdorfer Landwirtschaftsbetrieb knapp 700 Strohballen in Flammen aufgingen. „Wir können aus einem Strohballenbrand noch keine Brandserie konstruieren“, sagt Thomas Knaup. „Es gilt, die Brandursache zu klären. Es kann aber nicht gleich pauschal von einem Feuerteufel gesprochen werden“, so Thomas Knaup.

Die Polizei muss ihre Ermittlungsanstrengungen in Olbersdorf mittlerweile deutlich verstärken. Denn die Ruhe im Ort sollte keine 48 Stunden halten. Bereits am späten Montagabend gab es das nächste Großfeuer, diesmal bei der Agrargenossenschaft Bertsdorf-Olbersdorf. Auf deren Gelände an der Bertsdorfer Straße stand eine 20 mal 60 Meter große Lagerhalle in Flammen. Laut Polizei befanden sich rund 1 500 Ballen Stroh und 450 Heuballen, außerdem Futtermittel und Kalk in der Halle. Der Schaden beträgt nach vorläufigen Schätzungen mehrere Hunderttausend Euro. Fast 100 Feuerwehrleute aus dem gesamten südlichen Landkreis waren nach Informationen des Görlitzer Landratsamtes die ganze Nacht bis zum Dienstagmorgen im Einsatz und bekämpften mit 16 Löschfahrzeugen den Brand. Die Löscharbeiten waren schwierig, da das Löschwasser von einem ein Kilometer entfernten Teich zur Einsatzstelle gepumpt werden musste, so das Landratsamt. Am Dienstagvormittag wurde die Lagerhalle dann eingerissen, um die darin gelagerten Strohballen nach draußen zu bringen, wo sie von der Feuerwehr abgelöscht werden konnten. Das Dach der Halle war bereits in der Nacht zusammengebrochen. Wegen des starken Brandgeruchs empfahl das Landratsamt Anwohnern in Olbersdorf und Zittau am Dienstag, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Die Bertsdorfer Straße zwischen Olbersdorf und Bertsdorf wurde für die Löscharbeiten komplett gesperrt.

Die Brandvorfälle werden nun in den sozialen Medien im Internet stark diskutiert. Neben der großen Anteilnahme für die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe und der Erleichterung darüber, dass die Rinder der Agrargenossenschaft nicht betroffen waren, heißt es auch, dass man sich gar nicht vorstellen möchte, dass so etwas in bewohntem Gebiet passiert. Dabei ist das längst geschehen. Am 1. August dieses Jahres brannte in den Mittagsstunden an der Olbersdorfer Damaschkestraße eine Koniferenhecke. Die Hecke steht nur wenige Meter vom Haus von Familie Langbrand entfernt, das Feuer hatte schnell von der Hecke auf den daneben stehenden Geräteschuppen und auf die Garage übergegriffen. Mit Schrecken erinnert sich Ursula Langbrand an den Vorfall: „Ich stand in der Küche, als plötzlich ein warmer Luftzug und Flugasche zum Fenster hereinkam“, erzählt sie. „Ich habe mich gefragt, wo der Wind herkommt und zum Fenster rausgesehen. Da sah ich unsere Hecke brennen.“ Beim Versuch, Gegenstände aus der Garage zu retten, hat sich die Olbersdorferin an einer heißen Wäschespinne an der Hand verletzt. Die zwei Autos habe ihr Mann schnell noch umparken können, aber der Geräteschuppen samt den darin befindlichen Geräten ist abgebrannt, auch die Haustür, Fenster und ein Dachfenster des Wohnhauses wurden bei dem Feuer beschädigt, sagt Ursula Langbrand. In der Zwischenzeit habe ein Nachbar die Feuerwehr gerufen, die schnell gekommen sei und das Feuer gelöscht hat. „Zum Glück“, sagt Ursula Langbrand. „Wer weiß, was sonst noch passiert wäre.“ Mittlerweile ist die Koniferenhecke dank einer Ausnahmegenehmigung gefällt worden. „Wir können jetzt wieder ruhiger schlafen“, sagt Ursula Langbrand.

Nach dem Feuer auf dem Grundstück der Langbrands fiel schnell ein Verdacht auf die Züge der Zittauer Schmalspurbahn. Schließlich führt die Strecke der Bahn nur zehn Meter hinterm Grundstück entlang, außerdem war es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Bahndammbränden entlang der Strecke der Schmalspurbahn gekommen. Der Schwerpunkt dieser Brände lag laut Information der Bahngesellschaft Soeg im Bereich zwischen der Grundbachsiedlung und dem Bahnhof Bertsdorf, genau jener Bereich, in dem auch das Grundstück der Langbrands liegt. „An diesem Streckenabschnitt befindet sich ein Fußweg, der rege genutzt wird. Möglich ist, dass eine weggeworfene Zigarette oder herumliegendes Glas das Feuer ausgelöst haben“, sagt Soeg-Sprecherin Manuela Bartsch. An Funkenflug seitens der Schmalspurbahn als Auslöser für die Brände glaubt sie nicht: „In der Regel sind die Funken erloschen, wenn sie zu Boden fallen. Außerdem fahren die Loks mit Funkenschutzkörben, die den Funkenflug minimieren.“ Gänzlich unterbinden könne man Funkenflug aber nicht, weshalb Bahndammbrände möglich sind, sagt die Soeg-Mitarbeiterin. Das weiß auch Ursula Langbrand, die selbst schon Entstehungsbrände am Bahndamm gelöscht hat. Aber auch sie glaubt nicht, dass die Schmalspurbahn jüngst ihre Hecke in Brand gesetzt hat. „Wir wohnen seit 1997 in unserem Haus, aber so etwas hat es noch nicht gegeben“, sagt die Olbersdorferin. Bei einem Treffen mit Vertretern von Soeg, Feuerwehr und Gemeinde sei man sich jedenfalls kürzlich einig gewesen, dass die Schmalspurbahn nicht Auslöser des Brandes war.

Für die Feuerwehren haben die häufigen Einsätze neben der großen Belastung für die Kameraden auch noch andere Auswirkungen. Kreisbrandmeister Peter Seliger sieht die Wehren der Umgebung nach den letzten Bränden technisch so geschwächt, dass kaum noch Material zur Verfügung steht.

In Olbersdorf steigt dagegen die Angst, dass ein Feuerteufel im Ort unterwegs ist. Schon wird im Internet zur Gründung einer Bürgerwehr aufgerufen, die das Geschehen im Ort vor allem nachts im Blick behält. Davon hält die Polizei aber nichts – sie setzt vielmehr darauf, dass sich mögliche Zeugen der jüngsten Brandvorfälle in Olbersdorf bei ihr melden.

Die Polizei sucht Zeugen zu den Bränden in Olbersdorfer Landwirtschaftsbetrieben und fragt: Wer hat an den Brandorten in den Abendstunden verdächtige Personen oder Fahrzeuge wahrgenommen? Hinweise ans Polizeirevier Zittau (03583620) oder jede andere Polizeidienststelle.

Aktualisiert: 19 Uhr