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Zeugnis in der Tasche

In der Landwirtschaftsschule haben 17 Absolventen ihren Wirtschafter-Abschluss erhalten.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Manfred Müller

Großenhain. Für Bettina Tanner war es der Wunsch nach einer neuen beruflichen Herausforderung, der sie dazu bewog, noch einmal die Schulbank zu drücken. Die Großenhainerin trat im Jahr 2014 eine Stelle bei der Cunnersdorfer Agrar GmbH an. Nachdem die gelernte Baufacharbeiterin mit Abitur viele Jahre im kaufmännischen Bereich gearbeitet hatte, strebte sie eine Führungsposition im Agrarbereich an und wollte sich mit dem Abschluss als „Staatlich geprüfter Wirtschafter“ das notwendige Rüstzeug dafür holen. „Ganz fremd ist die Branche nicht“, erklärt sie. „Ich bin schließlich auf einem Bauernhof in Kalkreuth aufgewachsen.“ Vater Konrad Behrisch leitet den Agrarbetrieb in Cunnersdorf, und da nun bald ein Generationswechsel ansteht, war er froh über die Ambitionen seiner Tochter. Seit dem Frühjahr fungiert die 45-Jährige bereits als weitere Geschäftsführerin im Unternehmen, und irgendwann wird sie die Fäden allein in der Hand halten. Natürlich war auch der stolze Papa bei der feierlichen Zeugnisübergabe in der Großenhainer Fachschule für Landwirtschaft dabei.

Der 14. Ausbildungslehrgang zum „Staatlich geprüften Wirtschafter“ startete 2015 mit 19 Teilnehmern, darunter vier Frauen. In zwei Wintersemestern wurden die Teilnehmer praxisnah darauf vorbereitet, eine Leitungsfunktion in einem größeren Betrieb zu übernehmen oder einen Familienbetrieb zu führen. Dazu erhielten sie 1380 Stunden Unterricht. Außerdem erwarben die Schüler die Ausbildungsbefähigung und einen Sachkundenachweis im Pflanzenschutz. Da in Sachsens Landwirtschaft viele Betriebsleiter und Wiedereinrichter aus der Nachwendezeit das Rentenalter erreicht haben, gibt es einen großen Bedarf an jungen Führungskräften. Das Rüstzeug dafür holen sie sich zum Beispiel an Großenhainer Fachschule. Die Lehrgänge sind zeitlich speziell an den Arbeitsrhythmus in der Agrar-Branche angepasst, sonst hätte Tim Pinkert das Studium gar nicht durchziehen können. Der 22-Jährige arbeitet beim Landwirtschaftsbetrieb Ruscher in Priestewitz – einem reinen Pflanzenbau-Unternehmen – und hätte zwischen Frühjahrsbestellung und Ernte gar keine Zeit, sich noch mit Agrarrichtlinien und Buchführung herumzuschlagen. „Der Landwirt macht sein Geld im Büro“, sagt er, und das war auch der Grund, warum sich der Priestewitzer für den Ausbildungsgang entschied. Er sieht den Abschluss als Scheck für einen künftigen beruflichen Aufstieg – ob nun in einem großen Agrarbetrieb oder durch eine Betriebsübernahme. Aber auch bei der täglichen Arbeit kann er das Wissen, das er in Großenhain erworben hat, gut gebrauchen. „Ich suche die Pflanzensorten, die ich anbaue, ja selbst aus“, erklärt er. Da seien die neuesten Erkenntnisse über Züchtungen, Bodenbearbeitung und Düngemitteleinsatz Gold wert.

Die Vielfalt der Bildungsangebote ist den Absolventen offenbar gut bekommen. Pflanzenbau und Tierhaltung, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit. „Unser Betrieb baut die Futterpflanzen für die Milchkühe ja selbst an – da muss man immer das Zusammenspiel auf dem Schirm haben“, sagt Bettina Tanner. Auch die Exkursionen zu anderen Agrarfirmen, zu Messen und Verarbeitungsbetrieben hätten ihren Horizont erweitert. Tim Pinkert hebt den Kontakt zu seinen Mitstudenten aus den verschiedensten sächsischen Agrarbetrieben hervor. Da habe er ein Netzwerk aufbauen können, das ihm vielleicht später einmal von Nutzen sei.